Rechtsanwälte für Wirtschaftsrecht, Unternehmensberatung und Sanierung

Massgeschneiderte Beratung auf höchstem Niveau ist die Grundlage der nachhaltigen Zufriedenheit unserer Mandanten.

Als mittelständische, auf das Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit Standorten in München, Nürnberg und Berlin betreuen wir Ihre rechtlichen Anliegen kompetent, effektiv und “auf den Punkt”, egal wo Sie uns brauchen.

Die Ausstattung unserer Kanzleistandorte mit modernster Technik erlaubt es uns, mit Ihnen jederzeit auf über große Distanz auch über Videokonferenz zu kommunizieren.

Wenn Sie also auf dem Gebiet des (internationalen) Wirtschaftsrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts oder auch des Sanierungs- und Insolvenzrechts einen lösungsorientierten Partner suchen, sind wir gerne an Ihrer Seite! Individuelle Beratung, Vertragsgestaltung, und Prozessvertretung gehören zu unseren Stärken, auf die Sie bauen können

Unser Ziel

Die Effektive Durchsetzung Ihrer Rechte und Interessen Stehen im Zentrum Unserer Beratung.

Gemeinsam mit Ihnen als Mandanten erörtern wir zunächst eingehend Ihre Ziele und Wünsche. Sodann identifizieren wir unter Einbeziehung unserer interdisziplinären Betrufsträger mit Ihnen zusammen den Weg, um Ihr Ziel zu erreichen. Die Erfassung komplexer Sachverhalte und die Entwicklung einer klaren und nachvollziehbaren Handlungsstruktur für Ihr Vorhaben bilden dabei die Kernkompetenzen unserer Kanzlei.

Kompetenzen

Die Spezialisten unserer Kanzlei stehen Ihnen auf ihren jeweiligen Fachgebieten gerne zur Verfügung. Zur der für Sie zu bearbeitenden Fragestellung wählen Sie das in Betracht kommende Tätigkeitsgebiet aus, für das wir in unserer Kanzlei den oder die richtigen Experten haben.

Unser Fachwissen ist immer topaktuell, intensive Aus- und Weiterbildung ist für uns Selbstverständlichkeit.

Geschichte

3 Standorte
22 Berufsträger
8 Fachanwälte
ca. 100 MITARBEITER

Die Rechtsanwaltskanzlei Pöhlmann Früchtl Oppermann ist ursprünglich aus dem Zusammenschluss dreier mittelständischer Rechtsanwaltskanzleien an den Standorten München und Nürnberg im Jahr 2005 entstanden. Um der zunehmenden Nachfrage des Marktes nach überregionalen, interdisziplinären Rechtsdienstleistungen gerecht zu werden, haben wir eine entsprechende Kanzleistruktur aufgebaut, die im Jahre 2020 durch den Beitritt der Rechtsanwaltskanzlei Houben aus Berlin sinnvoll ergänzt wurde. Hierdurch können wir unseren Mandanten ein Höchstmaß an Flexibilität, kompetente Ansprechpartner vor Ort und eine moderne Beratungsstruktur bieten.

An unseren Standorten in München, Nürnberg und Berlin sind wir mit 22 Berufsträgern, davon 8 mit der Berechtigung einen oder mehrere Fachanwaltstitel zu führen, dort für Sie tätig, wo Sie uns brauchen. Mit dieser Struktur können wir uns Ihrem Vorhaben professionell, schnell und “auf den Punkt” annehmen. Komplexe Beratungen begleiten wir mit interdisziplinären Teams, um für Sie sämtliche Facetten einer rechtlichen Gestaltung zu beleuchten. Dabei achten unsere Spezialisten auf eine klare und verständliche Sprache. Jederzeitige Erreichbarkeit und Kommunikation sind für uns wichtige Bausteine einer langfristigen Partnerschaft.

3 Standorte
22 Berufsträger
8 Fachanwälte
ca. 100 MITARBEITER

Zertifizierung

Über unseren Registersitz in München sind wir seit dem 11.12.2012 durch die SGS Gruppe Deutschland (TÜV Saarland) gemäß DIN ISO 9001 : 2015 zertifiziert worden. Daneben verfügen alle Standorte innerhalb der CURATOR AG über zusätzliche Zertifizierungen für die von uns auch ausgeübte Tätigkeit der Insolvenzverwaltung und damit über eine ganzheitlich geordnete Struktur sowie eine niedergeschriebene Ablauf- und Aufbauorganisation, die regelmäßig durch unabhängige Auditoren im Rahmen interner und externer Audits überprüft wird.

Die Zertifizierung ermöglicht es uns, noch flexibler unsere Prozesse ggf. auch in bestimmten Bereichen kurzfristig und optimal für unsere Mandanten anzupassen. Personenunabhängig sind wir durch die Zertifizierung in der Lage, die hohe Qualität unserer Arbeit für unsere Mandanten transparent zu gestalten und Kontinuität zu sichern.

Soziales Engagement

Weitere informationen zum verein perspektiven E.V. und zu den von uns unterstüzten massnahmen

Bereits vor Jahren haben sich unsere Partner über ihr berufliches Engagement hinaus auch für die Rechte der schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft eingesetzt. In diesem Bestreben haben sich insgesamt sieben mittelständische Unternehmer im Februar 2011 zusammengefunden und den Verein Perspektiven e.V. zur Unterstützung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher gegründet. Im Rahmen dieses Vereins werden Spendengelder sowohl durch Beiträge als auch durch Charity-Veranstaltungen generiert und dann auf direktem Wege zum Zwecke der Ausbildung oder der Förderung von Freizeitaktivitäten an Kinder und Jugendliche eingesetzt.

Besonders hervorzuheben ist dabei, dass der Verein hierbei zu 100% ehrenamtlich geführt wird und die Gelder gerade nicht einfach an Träger von Kinder- und Jugendheimen weitergeleitet, sondern gezielt und direkt zum Wohle der Kinder und Jugendlichen verwendet werden. Gerne unterstützen wir daher sowohl finanziell als auch durch unsere ehrenamtliche Tätigkeit als Vorstände und Mitglieder im Verein Perspektiven e.V. die Ziele des Vereins und sorgen dafür, dass auch diesen Kindern eine positive Zukunftsperspektive aufgezeigt werden kann.

Weitere informationen zum verein perspektiven E.V. und zu den von uns unterstüzten massnahmen:

Logo Verein Perspektiven

Hilfe für die Ukraine

Der seit Februar 2022 währende Krieg in der Ukraine und die damit einsetzende Fluchtbewegung innerhalb Europas hat uns dazu bewogen, auch dort helfend aktiv zu werden. Gemeinsam mit weiteren Freunden, die teilweise selbst aus verschiedenen Regionen der Ukraine stammen, wurde der gemeinnützige Verein Ukraine Donation e.V. gegründet. Zweck des Vereins ist es Sach- und Geldspenden einzusammeln, um diese dann im Rahmen von eigens organisierten Hilfstransporten direkt nach Dnipro zu bringen. Dort werden Krankenhäuser, Kinderheime, aber auch ukrainische Flüchtlingsfamilien mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und - wenn benötigt - mit Kleidung versorgt. Teilweise kommen Familien mit wortwörtlich nichts als der eigenen Kleidung in Dnipro aus den unmittelbar von Kampfhandlungen betroffenen Regionen an. In diesem Zusammenhang erreichen uns dramatische Schicksale, gleichzeitig aber auch ungblaublich große Dankbarkeit der Zivilbevölkerung.

Ukraine Verein vor dem LKW

Deswegen möchten wir auch Sie dafür gewinnen, nach Ihren Möglichkeiten einen Beitrag für Menschen in größter Not zu spenden. Nähere Informationen finden Sie unter auf der Webseite UADONATION unseres Vereins.

Logo Verein Udonation

Wir stellen uns vor

Mit einem Klick erhalten Sie alle Infomation über das jeweilige PFO Mitglied

Bei uns finden Sie Berufsträger für die verschiedensten Fachgebiete, die sich in speziell für Ihren Fall zusammengestellten Teams um Sie kümmern.

Wir verstehen uns nicht nur als konstruktive aber auch kritische Prüfer, Berater und Ideengeber, sondern auch als visionäre Wegbereiter, die zu Lösungen anregen.

Klicken Sie auf ein Foto, um mehr über die jeweilige Person zu erfahren.

Niederlassungen

M N B

Wir haben Büros in München, Nürnberg und Berlin, um Sie erfolgreich und nahe an Ihrem Standort betreuen zu können.

München

Gewürzmühlstraße 11, 80538 München
t +49-89-23806-0 f +49-89-23806-120
e muenchen@pfo-anwaelte.de

Nürnberg

Nordostpark 7-9, 90411 Nürnberg
t +49-911-59890-20 f +49-911-59890-49
e nuernberg@pfo-anwaelte.de

Berlin

Fasanenstraße 71, 10719 Berlin
t +49-30-484824-60 f +49-911-59890-95
e berlin@pfo-anwaelte.de

Curator

Um den wachsenden Anforderungen an die Betreuung von Insolvenzverfahren gerecht zu werden, agieren die Rechtsanwälte unserer Kanzlei, die auch als Insolvenzverwalter bestellt werden und tätig sind, seit dem 1.12.2012 unter der CURATOR AG - Insolvenzverwaltungen, an der wir als einer von zwei Gründungsgesellschafter beteiligt sind. Die CURATOR AG ist bundesweit tätig, und hier kooperieren allein für diesen Tätigkeitsbereich inzwischen 14 Insolvenzverwalter aus neun Kanzleien, die über ein interdisziplinäres Know How und ein umfassendes Netzwerk verfügen und die in einem engen Verbund in großen und komplexen Verfahren sich gegenseitig unterstützen.

Als Insolvenzverwalter und auch als Sachwalter im Rahmen von Eigenverwaltungen werden von der PFO Dr. Werner Pöhlmann, Dr. Stefan Oppermann, Alexander Kubusch, André Houben, Sirko Hampel und Hannah Rady regelmäßig von vielen Insolvenzgerichten bestellt und sind im Verbund der CURATOR AG tätig. Im Bereich der Insolvenzverwaltung sind alle unsere Standorte sowohl nach DIN ISO 9001:2015 als auch nach GOI (Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenz- und Eigenverwaltung) von der DQS GmbH zertifiziert und decken alle Bereiche der Insolvenzverwaltung ab. Sämtliche Verwalter sind dazu in der Lage, Verfahren jeder Größenordnung zu betreuen, Insolvenzpläne zu erarbeiten und (vorläufige) Eigenverwaltungen zu beaufsichtigen. Insolvenzrechtliche Beratungen von Gläubigern und die Begleitung von Schuldnern in Eingeverwaltungsverfahren erfolgen im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit in der PFO.

News

Wir halten Sie auf dem Laufenden mit aktuellen Informationen und hilfreichen News.

BGH, Urteil vom 17.11.2022 – IX ZR 42/22

BGH, Urteil vom 13.10.2022 – IX ZR 266/20

BGH, Urteil vom 10.03.2022 – IX ZR 178/20

Stellung und Funktion des gemeinsamen Vertreters
Der gemeinsame Vertreter der Anleihegläubiger ist eine weitgehend unbekannte Rechtsfigur, obwohl er in der Praxis eine wichtige Rolle spielt. Das gilt nicht nur für werbende Schuldner (im Folgenden als Unternehmer bezeichnet), die Schuldverschreibungen begeben, sondern auch dann, wenn der Unternehmer sich im Insolvenzverfahren befindet. Maßgeblich sind die Grundsätze des Gesetzes über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (SchVG). Dieses Gesetz gilt für nach deutschem Recht begebene inhaltsgleiche Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungen), jedoch nicht für gedeckte Schuldverschreibungen im Sinne des Pfandbriefgesetzes und nicht für Schuldverschreibungen, deren Schuldner eine öffentlich-rechtliche Gebietskörperschaft ist.

Die Gläubiger können nach Maßgabe des § 5 SchVG die Anleihebedingungen mit der erforderlichen Stimmenmehrheit ändern und zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen. Der gemeinsame Vertreter hat nach § 7 SchVG die Aufgaben und Befugnisse, welche ihm durch Gesetz oder von den Gläubigern durch Mehrheitsbeschluss eingeräumt wurden und hat die Weisungen der Gläubiger zu befolgen. Er haftet den Gläubigern für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben, bei der er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hat. Vom Unternehmer kann er alle Auskünfte verlangen, die zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben erforderlich sind. Die Kosten und Aufwendungen des gemeinsamen Vertreters, einschließlich einer angemessenen Vergütung, trägt der Unternehmer. Da die Schuldverschreibungen häufig in sehr großer Zahl begeben werden, erleichtert die Installation des gemeinsamen Vertreters die Handhabung, denn die große Zahl der Gläubiger bereitet leicht erhebliche logistische Schwierigkeiten. Die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters liegt damit in der Regel sowohl im Interesse des Unternehmers wie der Gläubiger.

In den letzten Jahren ist eine besondere Form des gemeinsamen Vertreters gelegentlich in der Wirtschaftspresse im Zusammenhang mit insolventen Gesellschaften in Erscheinung getreten, die vor ihrem Zusammenbruch im Rahmen von Anlegerbetrugsmodellen Schuldverschreibungen begeben haben. Ein Beispiel hierfür ist die sogenannte Infinus-Gruppe aus Dresden.

In der Insolvenz des Unternehmers und unter besonderen Umständen in der Restrukturierung nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz können die Gläubiger durch Mehrheitsbeschluss zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen besonderen Typus des gemeinsamen Vertreters bestellen. Das Insolvenzgericht muss zu diesem Zweck eine Gläubigerversammlung einberufen. Dieser gemeinsame Vertreter wird ausschließlich im Insolvenzverfahren tätig und ist allein für alle Gläubiger berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen. Anders als der einzelne Gläubiger braucht der gemeinsame Vertreter die Schuldurkunden nicht vorzulegen, was insbesondere dann von Vorteil ist, wenn die aktuellen Gläubiger nicht bekannt sind, denn die Rechte aus der Schuldverschreibung sind häufig abtretbar.

Auch dem gemeinsamen Vertreter im Insolvenzverfahren steht eine Vergütung zu. Wie er diese erlangen kann, ist Gegenstand der drei Besprechungsentscheidungen des Bundesgerichtshofs. Dieser hat bereits 2016 und 2017 entschieden, dass im Ausgangspunkt auch in der Insolvenz der Unternehmer die Vergütung des gemeinsamen Vertreters aller Gläubiger zu tragen hat. Im SchVG ist allerdings nicht geregelt, ob es sich bei der Vergütung um Insolvenzforderungen handelt, die im Allgemeinen nur mit einer geringen Quotenzahlung rechnen können, oder um Massekosten oder -verbindlichkeiten, die der Insolvenzverwalter vorab aus der Masse zu leisten hat. In Betracht kommt schließlich, dass die Vergütungsforderung weder Insolvenzforderung noch Masseverbindlichkeit ist, sondern sich gegen das freie Vermögen des Insolvenzschuldners richtet, der gemeinsame Vertreter aller Gläubiger also sogenannter Neugläubiger ist und auch dann faktisch keine Aussicht auf Befriedigung hat.

Der Bundesgerichtshof hat sich im Urteil vom 12.01.2017 – IX ZR 87/16 – für Letzteres entschieden, was bei wirtschaftlicher Betrachtung dazu führt, dass der gemeinsame Vertreter aller Gläubiger de facto keine Vergütung erhält, ein Ergebnis, das das Gericht dogmatisch zwar zutreffend abgeleitet hat, das praktisch aber ausgesprochen unbefriedigend ist, da unter diesen Bedingungen kaum qualifizierte Person zur Übernahme des Amts bereit sind.

Der zu entscheidende Fall
Die Klägerin hält Schuldverschreibungen einer inzwischen insolventen F. KGaA. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde der Beklagte durch Mehrheitsbeschluss der Gläubigerversammlung, an der die Klägerin nicht teilnahm, zum gemeinsamen Vertreter bestellt.

In der Folgezeit zahlte der Insolvenzverwalter an den Beklagten einen Abschlag auf die zu erwartende Insolvenzquote. Der Beklagte leitete den auf die Klägerin entfallenden Betrag an diese weiter, behielt jedoch einen Betrag in Höhe von 1,1% der Nominalhöhe der Schuldverschreibung zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 654,50 €, als Abschlag auf seine Vergütung ein.

Die Klägerin verlangt nunmehr auch die Auszahlung des einbehaltenen Betrags. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat den Beklagten zur Zahlung der 654,50 € verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts, also die Klageabweisung, erreichen. Der Bundesgerichtshof gibt ihm Recht.

Entnahmerecht des gemeinsamen Vertreters aus der ausgezahlten Insolvenzquote
Der von der Gläubigerversammlung bestellte gemeinsame Vertreter hat, so der Bundesgerichtshof, Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dieser Anspruch richte sich zwar – wie oben dargestellt - grundsätzlich gegen den Unternehmer, was auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zu gelten habe. Auch hier stehe dem gemeinsamen Vertreter kein selbständig durch¬setz¬barer Anspruch auf Zahlung einer angemessenen Vergütung gegen den einzelnen Gläubiger zu, wenn er mit diesem keine gesonderte Vergütungsvereinbarung geschlossen habe.

Der Vergütungsanspruch berechtigt den gemeinsamen Vertreter jedoch, die angemessene Vergütung und seine Auslagen der auf den einzelnen Gläubiger entfallenden Quote zu entnehmen. Grundlage dieser Entnahmebefugnis sei der nach § 19 SchVG gefasste Mehrheitsbeschluss der Gläubiger. Das SchVG schütze den einzelnen Gläubiger nicht vor Mehrheitsbeschlüssen, die sich nachteilig auf dessen Hauptforderung auswirkten. Die Vorstellung des Gesetzgebers, dass die Vergütung des gemeinsamen Vertreters auch in der Insolvenz des Unternehmers diesem zur Last falle, lasse sich im Insolvenzverfahren nicht mehr verwirklichen.

Diese erstmals im Urteil vom 10.03.2022 – IX ZR 178/20 – vom BGH angeführte Begründung ist dogmatisch zwar kaum zu vertreten und deshalb in der juristischen Literatur heftig kritisiert worden, der Bundesgerichtshof hat die Kritik zur Kenntnis genommen, hält aber in den beiden angeführten neueren Entscheidungen ohne weiterreichende Begründung an ihr fest.

Die Folge ist, dass die Vergütung des gemeinsamen Vertreters für alle Gläubiger nunmehr über den Einbehalt von den Gläubigern der Schuldverschreibung anteilig zu tragen ist. Wirtschaftlich entspricht dieses dogmatisch zweifelhafte Urteil praktischer Vernunft, tragen doch jetzt die von der Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters Begünstigten auch dessen Vergütung. Dass allerdings auch der Insolvenzverwalter und damit letztlich die Insolvenzmasse durch die Tätigkeit des gemeinsamen Vertreters eine Entlastung erfährt, spiegelt das Ergebnis nicht wider.

BGH, Urteil vom 14.03.2023 – II ZR 162/21

Die Haftung des Geschäftsführers – ein weites Feld
Der Geschäftsführer einer GmbH handelt nicht nur für die Gesellschaft, er haftet auch persönlich, wenn er seine Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt. Meist geht es um Schadenersatzansprüche der Gesellschaft, nicht selten aber auch um Ansprüche dritter Personen.

Gegenüber der Gesellschaft haftet er gemäß § 42 Abs. 2 GmbHG, wenn er in deren Angelegenheiten nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anwendet, wie es § 43 Abs. 1 GmbHG formuliert. Auf ihn finden dabei die haftungsrechtlichen Milderungen nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen keine Anwendung. Insbesondere hat der Geschäftsführer die finanzielle Lage der Gesellschaft zu beobachten und darf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesell-schafter auszahlen. Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und / oder der Überschul-dung im insolvenzrechtlichen Sinn ist er nach § 15a InsO verpflichtet, für die Gesell-schaft einen Insolvenzantrag zu stellen, und darf im Grundsatz keine Zahlungen mehr leisten. Verstößt er hiergegen, hat er der Gesellschaft die pflichtwidrigen Zah-lungen aus seinem eigenen Vermögen zu erstatten. Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, ist es Aufgabe des Insolvenzverwal-ters, diese Ansprüche gegen den Geschäftsführer durchzusetzen. Zwar kann wegen der Haftungsrisiken eine D&O-Versicherung abgeschlossen werden, ob sie im Fall der Insolvenzverschleppung aber eintritt, ist in der Praxis zweifelhaft. Häufig muss gegen den Versicherer ein Deckungsprozess geführt werden.

Im öffentlich-rechtlichen Bereich droht dem Geschäftsführer vor allem die Haftung gegenüber der Finanzverwaltung nach § 69 AO, wenn Steuern infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten steuerrechtlichen Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden oder es zu ungerechtfertig-ten Steuererstattungen kommt. Im sozialrechtlichen Umfeld ist vor allem die Haftung für nicht abgeführte Beiträge zur Gesamtsozialversicherung zu nennen.

Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG
Besonders gelagerte Fragen stellen sich im Bereich der Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber der GmbH & Co. KG, die der Bundesgerichtshof bisher nur für den Fall entschieden hat, dass die GmbH innerhalb der KG die Funktion der (geschäftsführenden) Komplementärin übernommen hatte. Hier erstreckt Bundesge-richtshof in ständiger Rechtsprechung den Schutzbereich des zwischen der Kom-plementär-GmbH einer GmbH & Co. KG und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf die Haftung des Geschäftsfüh-rers aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft, was bedeutet, dass der Geschäftsführer auch für Schäden der Kommanditgesellschaft einzustehen hat.

Der zu entscheidende Fall
Im konkreten Fall war die maßgebliche GmbH jedoch nicht Komplementärin, sondern unüblicherweise eine Kommanditistin. Komplementärin muss daher eine weitere, vom Bundesgerichtshof allerdings nicht erwähnte GmbH gewesen sein. Nach dem Gesellschaftsvertrag oblag der Kommanditistin dennoch die alleinige Geschäftsfüh-rung der KG. Der Beklagte wiederum war einer von zwei Geschäftsführern der GmbH, die auch in weiteren Kommanditgesellschaften, es handelte sich um soge-nannte Fondsgesellschaften, diese Rolle spielte.

In den mit einer Vielzahl von Anlegern geschlossenen Gesellschaftsverträgen hatte die GmbH Co. KG sich verpflichtet, die Anlegergelder einer D. AG als Darlehen zur Verfügung zu stellen, jedoch nur nach Stellung werthaltiger Sicherheiten. Dennoch hatte sie dieser Aktiengesellschaft bei werthaltigen Sicherheiten in Höhe von lediglich 2,7 Mio. € Darlehen in Höhe von 38 Mio. € ausgereicht. In dieser Situation überwies der weitere Geschäftsführer der GmbH an die D. AG noch einmal 510.000 €. Nach-dem über das Vermögen der GmbH & Co. KG ein Insolvenzverfahren eröffnet wor-den war, verlangt der Insolvenzverwalter von dem Beklagten Erstattung der 510.000 €.

Es stellten sich folglich mehrere Fragen:

1. Ist die oben dargestellte Rechtsprechung auf den Fall zu übertragen, dass die ge-schäftsführende GmbH nicht Komplementärin, sondern (nur) Kommanditistin der GmbH & Co. KG ist?

2. Gilt das gegebenenfalls auch dann, wenn die Führung der Geschäfte der GmbH & Co. KG nicht die alleinige oder zumindest wesentliche Aufgabe der GmbH darstellt?

3. Haftet der Beklagte selbst, obwohl nicht er, sondern der weitere Geschäftsführer die Überweisung veranlasst hatte?

Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur geschäftsführenden Komplementärin auf die geschäftsführende Kommanditistin
Der Bundesgerichtshof bejaht die erste Frage, weil die Grundsätze über den Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter hier zugunsten der GmbH & Co. KG fruchtbar gemacht werden könnten. Diese komme mit der Leistung des Geschäftsführers in gleicher Weise in Berührung wie bei der geschäftsführenden Komplementärin.

Das wohlverstandene Interesse der die Geschäfte einer Kommanditgesellschaft führenden und an dieser beteiligten GmbH gehe dahin, dass ihr Geschäftsführer die Leitung der GmbH & Co. KG im Rahmen seiner Organpflichten ordnungsgemäß ausübt. Sie müsse auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung ihrer Beteiligung be-dacht sein. Vor allem aber hafte sie der Kommanditgesellschaft für Schäden aus der Verletzung der von ihr im Gesellschaftsvertrag übernommenen Geschäftsführungs-aufgaben. Dabei mache es keinen Unterschied, ob die geschäftsführende GmbH die Komplementärin oder eine Kommanditistin der Kommanditgesellschaft sei.

Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes bestehe ein Bedürfnis, was für die GmbH auch erkennbar war.

Exklusive Tätigkeit für die Kommanditgesellschaft erforderlich?
Auch die zweite Frage entscheidet der Bundesgerichtshof im Sinne des klagenden Insolvenzverwalters. Am Pflichtenkreis der geschäftsführenden GmbH ändere sich nichts dadurch, dass sie noch in weiteren Kommanditgesellschaften die Geschäfts-führung übernommen hatte. Der Geschäftsführer selbst habe sich bei Antritt seines Amts über den Umfang der Geschäftsführung und den damit verbundenen Aufgaben einen Überblick zu verschaffen. Könnten die GmbH oder ihr Geschäftsführer diese nicht gewährleisten, sei nicht der Haftungsumfang zu reduzieren, sondern die GmbH müsse ihren Aufgabenkreis so weit reduzieren, dass sie die von ihr geschuldeten, vertraglich übernommen Pflichten auch erfüllen könne.

Haftungsausschluss durch Ressortverteilung?
Schließlich komme es nicht darauf an, so der Bundesgerichtshof, dass der Beklagte nach der internen Ressortverteilung zwischen ihm und dem weiteren Geschäftsfüh-rer für die konkrete GmbH & Co. KG nicht einmal zuständig gewesen sei.

Den Geschäftsführer einer GmbH treffe grundsätzlich die Pflicht zur Geschäftsfüh-rung im Ganzen. Eine gleichwohl zulässige Ressortverteilung lasse daher die Ver-antwortung für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft nicht entfallen, vielmehr verblieben dem organisatorisch nicht betroffenen Geschäftsführer wegen seiner Allzuständigkeit Überwachungspflichten, deren Reichweite nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu bestimmen sei. Insbesondere müsse der nach der Geschäftsverteilung nicht zuständige Geschäftsführer Hinweisen auf Fehl-entwicklungen oder Unregelmäßigkeiten in einem fremden Ressort immer und unverzüglich nachgehen.

Das Berufungsgericht habe zudem beanstandungsfrei festgestellt, dass der Beklagte seine Überwachungspflichten nicht erfüllt habe. Aus dem schon vor der Überweisung der 510.000 € vorliegenden Geschäftsbericht habe sich ergeben, dass nur ein Bruchteil der Anlegergelder wie in den Anlageverträgen versprochen von der D. AG besichert worden sei. Dieser Missstand im Kerngeschäft der Kommanditgesellschaft habe dem Beklagten bei pflichtgemäßer Geschäftsführung nicht verborgen bleiben können. Er hat deshalb persönlich einzustehen.

Haftungsausschluss wegen mangelnder persönlicher Fähigkeiten?
Bei den vielfältigen Haftungsrisiken des Geschäftsführers mag man sich die Frage stellen, ob im Fall persönlicher Unfähigkeit die Haftung des Geschäftsführers eingeschränkt werden kann.

Dies verneint der Bundesfinanzhof jedenfalls für die steuerrechtliche Haftung nach § 69 AO mit Beschluss vom 15.11.2022 – VII R 23/19, und führt dazu im Leitsatz der Entscheidung aus:

„Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber der Haftungsinanspruchnahme nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen.“

Ein offenbar erst vor kurzem aufgetauchtes Testament aus dem Jahre 2005 könnte nach dem, was in den Medien berichtet wird, das Potenzial haben, die zuletzt angenommene gesetzliche Erbenstellung der beiden Töchter des im Jahre 2019 verstorbenen Schalke-Managers Rudi Assauer zu beseitigen. Bereits im Herbst 2022 erließ das zuständige Amtsgericht Recklinghausen einen Beschluss, wonach ein in 2012 von Rudi Assauer notariell errichtetes Testament, welches seine ältere Tochter Katy Assauer als Alleinerbin benennt, unwirksam sei. Assauer, auch bekannt für Krombacher Werbespots, litt an Demenz, weshalb aufgrund von Testierunfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung - so das AG Recklinghausen - nicht der Inhalt des Testaments, sondern die gesetzliche Erbfolge maßgeblich sein soll.

Das nunmehr aufgetauchte handschriftliche Testament aus dem Jahre 2005 soll Simone Thomalla, mit der Assauer von 2000-2009 liiert war, als Alleinerbin benennen. Dem Nachlassgericht zukommen lassen hat Thomalla das Testament über ihre Steuerberaterin per Fax. Grundsätzlich besteht eine Verpflichtung zur Abgabe von Testamenten gem. § 2259 BGB. Wer der Ablieferungspflicht nicht nachkommt, läuft Gefahr, sich wegen Urkundenunterdrückung gem. § 274 StGB strafbar zu machen.

Auch wenn Thomalla bisher keinen Erbscheinsantrag gestellt haben soll, stellt sich die Frage wie das offenbar nur als Faxkopie vorhandene Testament zu bewerten ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf und das Oberlandesgericht München sind sich dahingehend einig und haben entschieden, dass auch ein nur noch in Kopie vorhandenes Testament zumindest zu eröffnen ist. Argumentiert wird damit, dass auch ein formunwirksames Testament, dem bspw. die Unterschrift fehlt, eröffnet werden muss. Zwar trifft die Eröffnung eines Schriftstücks als Testament noch keine Aussage über dessen Wirksamkeit, es ist jedoch auch nicht allzu schwer, ein wirksames Testament zu errichten: Testieren kann grundsätzlich jede testierfähige Person bereits ab ihrem 16. Lebensjahr, sofern sie das Testament eigenhändig verfasst und unterschreibt. Es kann daher mangels anderer Anhaltspunkte zunächst davon ausgegangen werden, dass Rudi Assauer 2005 ein wirksames Testament zu Gunsten von Simone Thomalla errichtet hat.

Auch wenn der Grundsatz gilt, dass die gewillkürte Erbfolge durch Vorlage der Originalurkunde zu belegen ist, so kann, wenn das Originaltestament nicht mehr auffindbar ist, die Existenz, die formgültige Errichtung sowie der Inhalt des Testaments mit allen zulässigen Beweismitteln, also auch einer Kopie, bewiesen werden und damit unter engen Voraussetzungen die Erbenstellung begründen, so das OLG Naumburg .

Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Streitigkeiten um Rudi Assauers Nachlass weiterentwickeln.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.08.2022 – I-3 Wx 119/22

OLG München, Beschl. 07.04.2021 – 31 Wx 108/21

OLG Naumburg, Beschl. v. 29.03.2012 – 2 Wx 60/11

Hatten wir in unserem News-Beitrag im „Anspruch auf Löschung des Merkmals Restschulbefreiung gegenüber der Schufa“ noch darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des OLG Schleswig die Schufa zu einer Löschung des Merkmals „Restschuldbefreiung“ nach sechs Monaten verurteilt hatte, die Schufa jedoch gegen dieses Urteil Revision zum Bundesgerichtshof einlegte, kommt jetzt von unerwarteter Seite – nämlich von der Schufa höchst selbst – Bewegung in die Sache.

Am 28.03.2023 ließ die Schufa eigeninitiativ verlauten, dass sie die Speicherung von Einträgen zu Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate verkürzt. Die Schufa begründet diesen Schritt mit dem Streben nach Klarheit und Sicherheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Meiner Einschätzung nach ist die Schufa damit einer absehbaren Verurteilung zur Löschung nach sechs Monaten zuvorgekommen. Der Bundesgerichtshof hatte nämlich in der Revisionsangelegenheit (siehe oben) ebenfalls am 28.03.2023 verfügt, die Revision auszusetzen, bis die Frage der Speicherdauer durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in zwei ganz ähnlich gelagerten Fällen geklärt ist. Es wird also definitiv eine Klärung, inwieweit die derzeitige dreijährige Speicherung mit geltendem und in Deutschland seit Mai 2018 umgesetzten EU-Datenschutzrecht vereinbar ist, geben. Gegenwärtig – und unseres Erachtens völlig zurecht – ist anzunehmen, dass sich der EuGH für die kürze Frist der Datenspeicherung von sechs Monaten entscheiden wird. Nur so ist auch das proaktive Handeln der Schufa zu erklären.

Spannend ist auch die Frage, ob ebenso ein Anspruch auf Löschung seitens der Verbraucher*innen nach sechs Monaten besteht, wenn die Betroffenen die Restschuldbefreiung nicht auf Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung, sondern auf andere Weise, z.B. durch Gläubigerentscheid im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens erhalten haben!

BFH, Urteil vom 17.06.2020 – X R 26/18
BFH, Urteil vom 12.05.2022 – V R 19/20

Verkäufe bei eBay oder anderen Versteigerungsplattformen gehören zum täglichen Leben. Handelt es sich dabei um einmalige oder seltene Verkäufe aus dem eigenen Bestand (private Vermögensverwaltung), unterliegen sie keinerlei Besteuerung. Anders kann es jedoch sein, wenn nicht vorhandene, sondern zum Zweck des Weiterverkaufs erworbene Gegenstände angeboten werden, wie es typischerweise bei gewerblichen Händlern der Fall ist.

Der zu entscheidende Fall

Die Klägerin kaufte von 2009 bis 2013 Gegenstände aus Haushaltsauflösungen an und bot sie auf eBay in Form von Versteigerungen zum Verkauf an. Dort war sie als private Kundin angemeldet. Dazu legte sie vier eBay-Konten an und eröffnete zwei Girokonten. Steuererklärungen gab sie nicht ab. 2009 erzielte sie bei 577 Auktionen Einkünfte von ca. 40.000 €, 2010 bei 1057 Auktionen Einkünfte von ca. 78.000 €, 2011 bei 628 Auktionen Einkünfte von ca. 95.000 €, 2012 bei 554 Auktionen Einkünfte von ca. 90.000 € und 2013 bei 260 Auktionen Einkünfte von ca. 78.000 €.

Nach einer Außenprüfung meinte das Finanzamt, die Klägerin sei in diesen Jahren gewerblich tätig gewesen und setzte gegen sie Einkommen- sowie Umsatzsteuer fest und erließ Gewerbesteuermessbescheide, wobei es einen Schätzbetrag für Betriebsausgaben (30 %) abzog.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erreichte die Klägerin mit ihrer Klage zum Finanzgericht Hessen nur einen Teilerfolg, weil dieses die Betriebsausgaben auf 60 % schätze, die Veranlagung ansonsten aber für rechtmäßig erachtete. Ihre Revision, über die der BFH nach Trennung des Verfahrens in zwei verschiedenen Senaten verhandelte (im X. Senat wegen der Einkommen- und Gewerbesteuer und im V. Senat wegen der Umsatzsteuer), führte nicht zu dem von ihr erstrebten Erfolg. Die beiden Senate des BFH hoben zwar die jeweiligen Teile des erstinstanzlichen Urteils auf und verwiesen die Sachen an das Finanzgericht zurück, jedoch nur wegen eines Berechnungs- und eines Begründungsmangels. An der Gewerblichkeit der Auktionen hatten auch sie keine Zweifel. Im zweiten Durchgang wird das Finanzgericht lediglich die beiden Fehler zu beseitigen haben, an der Beurteilung der Gewerblichkeit wird sich nichts mehr ändern.

Mit der Revision hatte die Klägerin geltend gemacht, sie sei nicht als Händlerin anzusehen, da sie weder ein Konzept noch eine Organisation noch Vorkenntnisse im Handel habe. Sie kaufe gelegentlich aus Haushaltsauflösungen und verkaufe die Gegenstände wieder über eBay für ein Mindestgebot von 1 €. Zahlreiche Gegenstände verkaufe sie deutlich unter Einkaufswert, andere werfe sie einfach weg. Sie habe auch nichts dafür getan, die Gegenstände gewinnbringend zu veräußern (z.B. nicht geworben) und jedenfalls per Saldo keinen Gewinn erzielt. Ihr Ziel sei der Nervenkitzel gewesen, es habe sich um reine Liebhaberei gehandelt.

Rechtlicher Hintergrund bei der Einkommensteuer

Entscheidend für die Einkommensteuerpflicht ist in diesem Zusammenhang die Gewerblichkeit der fraglichen Tätigkeit, die zu verneinen ist, wenn es lediglich um private Vermögensverwaltung geht. Hierzu definiert § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, dass ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung ist, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Entsprechendes gilt für die Gewerbesteuer. Die Betätigung muss über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgehen. Die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb wird überschritten, wenn die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt. Maßgebend ist unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse und der Verkehrsanschauung, ob die Tätigkeit, soll sie gewerblich sein, dem Bild entspricht, das einen Gewerbebetrieb ausmacht und einer privaten Vermögensverwaltung fremd ist.

Nach ständiger Rechtsprechung ist das „Bild des Gewerbebetriebs“ durch Orientierung an unmittelbar der Lebenswirklichkeit entlehnten Berufsbildern zu konturieren. Eine typische gewerbliche Tätigkeit ist der Handel. Zu seinem Wesen gehört der Kauf oder die sonstige Anschaffung von Sachen zum Zwecke der Weiterveräußerung in gleichem Zustand oder nach weiterer Be- oder Verarbeitung. Der Steuerpflichtige verhält sich wie ein Händler, wenn er planmäßig und auf Dauer mit auf Güterumschlag gerichteter Absicht tätig geworden ist. Er handelt dann gewerblich.

Gemessen an diesen Grundsätzen sei die Einschätzung des Finanzgerichts Hessen, die Klägerin habe ein händlertypisches Verhalten gezeigt, nicht zu beanstanden, so der BFH.

Das Finanzgericht habe nicht allein auf die Dauer und die Anzahl bzw. Höhe der Verkäufe abgestellt. Vielmehr habe es im besonderen Maße den planmäßigen An- und Verkauf gewürdigt. Werde nämlich ein solcher wie im Streitfall betrieben und liege schon beim Ankauf Wiederveräußerungsabsicht vor, sei die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Eindeutig stehe bei der Klägerin die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung im Vordergrund. In den andauernden und wiederholten An- und Verkäufen der Klägerin sei ein planmäßiges Vorgehen zu sehen. Sie kaufe in systematischer Art und Weise einerseits bei Haushaltsauflösungen Gegenstände an und biete andererseits die hierbei erworbenen Gegenstände über eBay wieder zum Verkauf an.

Das Finanzgericht habe zudem die Gewinnerzielungsabsicht der Klägerin zutreffend festgestellt, nachdem es sich zu Recht davon überzeugt habe, dass die Klägerin in den Streitjahren tatsächliche Gewinne erzielt hatte. Der Betriebsausgabenabzug in Höhe von 60 % der Umsätze, den das Finanzgericht vorgenommen habe, sei fehlerfrei. Da die Klägerin pflichtwidrig keinerlei Aufzeichnungen getätigt habe, ließ sich ihre Behauptung, überhaupt keinen Gewinn erzielt zu haben, nicht verifizieren. War danach von tatsächlich erzielten Gewinnen, wenn auch nur in Höhe von 40 %, auszugehen, stellten diese nach der Rechtsprechung ein kaum zu widerlegendes Indiz dafür dar, dass auch die Absicht bestand, solche zu erzielen.

Nicht gegen die Gewerblichkeit ließe sich dagegen anführen, wie die Klägerin es versucht hatte, dass sie Spaß an der Versteigerung gehabt, sie kein bestimmtes Konzept verfolgt und keine Mindestpreise gefordert habe. Unerheblich sei ebenso, dass sie über keine Vorkenntnisse im Handel verfüge.

Rechtlicher Hintergrund bei der Umsatzsteuer

Der Umsatzbesteuerung unterliegen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen ausschließlich Unternehmer. Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn – anders als bei der Einkommensteuer – die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Es muss sich dabei um eine wirtschaftliche Betätigung handeln, die nachhaltig ausgeübt wird. Der BFH hatte bereits früher entschieden, dass die Beurteilung als nachhaltig bei der laufenden Veräußerung von Gegenständen in erheblichem Umfang in Betracht kommt, es liege keine nur private Vermögensverwaltung vor, wenn der Verkäufer aktive Schritte zum Vertrieb der Gegenstände unternehme, indem er sich ähnlicher Mittel bediene wie ein Händler.

Auch der V. Senat des BFH sieht im Grundsatz keinen Anlass, die Entscheidung des Finanzgerichts zu kritisieren. Es habe richtig auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die Verkehrsanschauung abgestellt und berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Verkaufstätigkeit über viele Jahre hinweg nachhaltig ausgeübt habe, weil auch die Anzahl der Verkäufe von beträchtlichem Umfang gewesen sei, was eine Betriebsorganisation erfordert habe. Sie habe Verpackungsmaterial kaufen, Waren verpacken, Porto zahlen und digitale Bilder der angebotenen Gegenstände fertigen müssen. Auf die Absicht der Gewinnerzielung stelle das Umsatzsteuerrecht zudem nicht ab.

Das Finanzgericht hatte danach zu recht die Klägerin der Umsatzsteuer unterworfen. Zurückverwiesen wurde die Sache, weil das Finanzgericht nicht festgestellt hatte, ob die Klägerin der sogenannten Differenzbesteuerung nach § 25a UStG unterfiel oder zumindest einzelne Umsätze nur dem ermäßigten Steuersatz hätten unterworfen werden dürfen.

BFH, Urteil vom 17.01.2023 – IX R 15/20

Die Erhebung des Solidaritätszuschlags war in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht verfassungswidrig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 17.01.2023 – IX R 15/20 entschieden.

Die Kläger wenden sich gegen die Festsetzung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021. Das Finanzamt hatte für das Jahr 2020 einen Bescheid über 2.078 € und für das Jahr 2021 einen Vorauszahlungsbescheid über insgesamt 57 € Solidaritätszuschlag erlassen. Vor dem Finanzgericht hatte das klagende Ehepaar keinen Erfolg. Mit ihrer beim Bundesfinanzhof eingelegten Revision brachten sie vor, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags verstoße gegen das Grundgesetz. Sie beriefen sich auf das Auslaufen des Solidarpakts II und damit der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 sowie die damit zusammenhängende Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Der Solidaritätszuschlag dürfe als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden. Sein Ausnahmecharakter verbiete eine dauerhafte Erhebung. Auch neue Zusatzlasten, die etwa mit der Coronapandemie oder dem Ukraine-Krieg einhergingen, könnten den Solidaritätszuschlag nicht rechtfertigen. Die Erhebung verletze sie zudem in ihren Grundrechten. Bei dem Solidaritätszuschlag handele es sich seit der im Jahr 2021 in Kraft getretenen Gesetzesänderung um eine verkappte "Reichensteuer", die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Der BFH ist dem nicht gefolgt. Beim Solidaritätszuschlag handelte es sich in Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe; eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht ist daher nicht geboten.

Eine Ergänzungsabgabe (Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes) hat die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken. Die Abgabe muss nicht von vornherein befristet werden und der Mehrbedarf für die Ergänzungsabgabe kann sich auch für längere Zeiträume ergeben. Allerdings ist ein dauerhafter Finanzbedarf regelmäßig über die auf Dauer angelegten Steuern und nicht über eine Ergänzungsabgabe zu decken. Deshalb kann eine verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für ihre Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich ändern oder wenn eine dauerhafte Finanzierungslücke entstanden ist.

Der Solidaritätszuschlag sollte bei seiner Einführung im Jahr 1995 der Abdeckung der im Zusammenhang mit der deutschen Vereinigung entstandenen finanziellen Lasten dienen.
Mit dem Auslaufen des Solidarpakts II und der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs zum Jahresende 2019 hat der Solidaritätszuschlag seine Rechtfertigung als Ergänzungsabgabe nicht verloren.

Eine zwingende rechtstechnische Verbindung zwischen dem Solidarpakt II, dem Länderfinanzausgleich und dem Solidaritätszuschlag besteht nicht. Zudem bestand in den Streitjahren 2020 und 2021 nach wie vor ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung auf diesen fortbestehenden Bedarf, der unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war, hingewiesen. Er hat weiterhin schlüssig dargelegt, dass die Einnahmen aus dem ab 2021 fortgeführten Solidaritätszuschlag zukünftig die fortbestehenden wiedervereinigungsbedingten Kosten nicht decken werden.

Dass sich diese Kosten im Laufe der Zeit weiter verringern werden, hat der Gesetzgeber mit der ab dem Jahr 2021 in Kraft tretenden Beschränkung des Solidaritätszuschlags auf die Bezieher höherer Einkommen und der damit verbundenen Reduzierung des Aufkommens in Rechnung gestellt. Aus dem Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags wird daher deutlich, dass der Gesetzgeber diesen nicht unbegrenzt erheben will, sondern nur für eine Übergangszeit. Ein finanzieller Mehrbedarf des Bundes, der aus der Bewältigung einer Generationenaufgabe resultiert, kann auch für einen sehr langen Zeitraum anzuerkennen sein. Dieser Zeitraum ist beim Solidaritätszuschlag jedenfalls 26 bzw. 27 Jahre nach seiner Einführung noch nicht abgelaufen.
Da der ursprüngliche Zweck für die Einführung des Solidaritätszuschlags in den Jahren 2020 und 2021 noch nicht entfallen war, kommt es auf eine mögliche Umwidmung des Zuschlags für die Finanzierung der Kosten der Coronapandemie oder des Ukraine-Krieges nicht an.

Der Solidaritätszuschlag verstößt auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Ab dem Jahr 2021 werden aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet. Die darin liegende Ungleichbehandlung ist aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken. Vor diesem Hintergrund ist die ab 2021 bestehende Staffelung des Solidaritätszuschlags mit Blick auf das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes gerechtfertigt.

Anmerkung: Gegen die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, des höchsten deutschen Steuergerichts ist nur noch eine Verfassungsbeschwerde möglich.

BFH, Urteil vom 16.03.2022 – VIII R 33/18

BFH, Urteil vom 24.08.2022 – XI 3 3/22

Es geht um eine Selbständige und Arbeitnehmer betreffende Frage: Kann ich die Kosten beruflich genutzter Kleidung, vor allem wenn sie speziell für die Berufsausübung angeschafft wird, steuermindert geltend machen, auch wenn es sich um bürgerliche Kleidung wie etwa einen schwarzen Anzug handelt, den ich aber außerhalb des Berufs nicht trage. Bei Selbständigen geht es dabei nicht nur um die Einkommensteuer, sondern auch um den Vorsteuerabzug.

Der zu entscheidende Fall
Die in den Streitjahren gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagten Eheleute waren als Trauerredner und Trauerbegleiter selbständig tätig. Sie machten die Kosten der Anschaffung, Änderung, Reparatur und Reinigung von Kleidung (u.a. Anzüge, Hemden, Röcke, Kleider, Mäntel, Blusen, Pullover, Hosen, Jacken, Krawatten, Schals, Schuhe) als Betriebsausgaben geltend und zogen die in den entsprechenden Rechnungen ausgewiesene Steuer als Vorsteuer ab.

Nach steuerlichen Außenprüfungen versagte das Finanzamt hinsichtlich der Einkommensteuer die Anerkennung der Kosten als Betriebsausgaben und bezüglich der Umsatzsteuer den Vorsteuerabzug. Der nach den erfolglosen Einspruchsverfahren eingereichten Klage entsprach das FG Berlin-Brandenburg nicht. Auch die Revision, über die der BFH nach Trennung des Verfahrens in zwei verschiedenen Senaten verhandelte (im VIII. Senat wegen der Einkommen- und im XI. Senat wegen der Umsatzsteuer) führte nicht zum Erfolg der Eheleute.

Rechtlicher Hintergrund bei der Einkommensteuer
Dazu bestimmt § 12 Abs. 1 EStG unter anderem, dass die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Dazu gehören auch die Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Derartige Aufwendungen, so der Bundesfinanzhof, sind durch die Vorschriften zur Berücksichtigung des steuerlichen Existenzminimums (sogenannter Grundfreibetrag) pauschal abgegolten oder als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen abziehbar. In aller Regel liegen allerdings die Voraussetzungen des Sonderausgabenabzugs oder der außergewöhnlichen Belastungen jedenfalls nicht allein aufgrund der Beschaffung der für den Beruf benötigten Kleidung vor.

Allerdings gestattet das Einkommensteuergesetz den Abzug der Aufwendungen für typische Berufskleidung als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben an. Welche Art von Kleidungsstücken unter den Begriff der „typischen Berufskleidung“ fällt, ist im Gesetz nicht näher definiert.

Bei der Gesetzesauslegung ist zu berücksichtigen, dass Aufwendungen für bürgerliche Kleidung grundsätzlich den nicht abziehbaren und nicht aufteilbaren unverzichtbaren Aufwendungen für die Lebensführung zuzurechnen sind, die durch den Grundfreibetrag pauschal abgegolten werden. Typische Berufskleidung umfasst daher nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung nur Kleidungsstücke, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet und wegen der Eigenart des Berufs nötig sind. Dies gilt insbesondere für Uniformen, Kleidung mit dauerhaft angebrachten Firmenemblemen oder Schutzkleidung, wie zum Beispiel Arbeitsschutzschuhen.

Kleidungsstücke, die als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegen, fallen dagegen nicht unter den Begriff der typischen Berufskleidung, selbst wenn sie durch die berufliche Nutzung einem erhöhten Verschleiß unterliegen oder ihre Anschaffung überhaupt nur aus beruflichen Gründen erfolgt. Danach sind die Ausgaben für die von den Eheleuten als Trauerredner und Trauerbegleiter getragenen Kleidungsstücke nicht steuermindernd abziehbar, selbst wenn, wie sie im Rechtsstreit geltend gemacht hatten, von dieser Berufsgruppe kulturhistorisch von der Verkehrsauffassung das Tragen schwarzer Kleidung zwingend erwartet werden sollte.

Rechtlicher Hintergrund bei der Umsatzsteuer
Ein Unternehmer, hier die Eheleute, kann unter anderem die gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, gemäß § 15 UStG als Vorsteuer abziehen. Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Nicht abziehbar sind nach § 15 Abs. 1a UStG zum Beispiel Vorsteuerbeträge, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot § 12 Nr. 1 EStG gilt. Wie zuvor zur Einkommensteuer schon behandelt, wird von diesem Abzugsverbot bürgerliche Kleidung, auch wenn sie ganz oder überwiegend beruflich getragen wird, betroffen.

Nachdem der VIII. Senat des BFH schon am 16.03.2022 den Abzug bei der Einkommensteuer nicht zugelassen hatte, schließt sich der XI. Senat in seinem Urteil vom 24.08.2022 im Wesentlichen der Entscheidung des VIII. Senats an. Mithin wurde den Eheleuten auch der Vorsteuerabzug versagt.

BFH, Beschluss vom 28.10.2022 – VI B 15/22 (AdV)

Der zu entscheidende Fall
Die Antragstellerin entrichtete die Lohnsteuer (2.805,54 €) und Umsatzsteuer (1.435,68 €) für Juli 2021 trotz Fälligkeit zum 10.08.2021 erst am 20.08.2021. Die dadurch angefallenen Säumniszuschläge in Höhe von 28 € zur Lohnsteuer und 14 € zur Umsatzsteuer entrichtete sie nicht. Das Finanzamt wies die Säumniszuschläge in einem Abrechnungsbescheid aus. Über den gegen diesen gerichteten Einspruch hat das Finanzamt noch nicht entschieden. Die Antragstellerin begehrt vor dem Finanzgericht Münster (Beschluss vom 14.02.2022 – 8 V 2789/21) erfolgreich die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Auf die Beschwerde des Finanzamts hebt der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) diesen Beschluss auf und weist den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurück.

Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge und Nachzahlungszinsen
Die Abgabenordnung (AO) kennt neben den Straftatbeständen der Steuerhinterziehung einige Sanktionen für steuerliches Fehlverhalten. So kann nach § 152 AO gegen Steuerpflichtige, die ihrer Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkommen, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Dieser beträgt im Allgemeinen für jeden angefangenen Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer. Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, also verspätet oder eventuell gar nicht gezahlt, entsteht gemäß § 240 AO kraft Gesetzes für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 % der rückständigen Steuer. Während die Verfassungsmäßigkeit der Verspätungszuschläge nicht ernstlich in Frage steht, werden in jüngerer Zeit wegen der lange andauernden Niedrigzinsphase vermehrt Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge geäußert. Diese wurden vertieft durch zwei Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 08.07.2021 (1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17), nach denen die Verzinsung von Steuernachforderungen nach §§ 233a, 238 AO in Höhe 0,5 % pro Monat, jedoch sogar nur für volle Monate, derzeit als nicht verfassungsgemäß anzusehen ist. Zwar könne der Gesetzgeber, so das BVerfG, Zinsen typisierend – ohne Rücksicht auf den Einzelfall - regeln, eine solche gesetzliche Festlegung des Zinssatzes sei aber trotz grundsätzlicher Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers nicht mehr zu rechtfertigen, wenn dieser Zinssatz unter veränderten tatsächlichen Bedingungen wie etwa der Niedrigzinsphase seit 2014 oder angesichts einer veränderten Erkenntnislage weder durch die maßstabsbildend zugrunde gelegten noch durch sonstige geeignete Kriterien getragen ist.

Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge?
In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist allerdings streitig, ob diese Entscheidungen des BVerfG ohne Weiteres auf die Säumniszuschläge übertragen werden können. Säumniszuschläge sind nämlich keine Zinsen, sondern zum einen ein Druckmittel eigener Art, das den Steuerschuldner zur rechtzeitigen Zahlung anhalten soll (Druckfunktion), zum anderen verfolgen sie den Zweck, vom Steuerpflichtigen eine Gegenleistung für das ungerechtfertigte Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern zu erhalten (Zinsfunktion). Durch die Säumniszuschläge werden schließlich auch die Verwaltungsaufwendungen abgegolten, die bei den Finanzämtern dadurch entstehen, dass Steuerpflichtige eine fällige Steuer nicht oder nicht fristgerecht zahlen. In Rechtsprechung und juristischer Literatur ist im Einzelnen umstritten, welcher Anteil auf die einzelnen Funktionen entfällt. Weitestgehend gesichert ist nur, dass die Druckfunktion mit der Hälfte der Zuschläge, also mit 0,5 % monatlich zu Buche schlägt. Da die Abgeltung der Verwaltungsaufwendungen eher niedrig zu bemessen sein dürfte, lässt sich der Zinsfunktion der Säumniszuschläge grob ermittelt auch ein Anteil von 0,5 % der Zuschläge zuweisen. Bei dieser Aufteilung entspricht die Zinsfunktion rechnerisch der vom BVerfG für verfassungswidrig erklärten Verzinsung von Steuernachforderungen nach §§ 233a, 238 AO.

Diese Realation hat den V. und den VII. Senat des BFH bewogen, auch die Säumniszuschläge als derzeit nicht mit der Verfassung in Einklang stehend anzusehen: BFH, Beschluss vom 23.05.2022 – V B 4/22 (AdV) und BFH, Beschluss vom 26.05.2021 – VII B 13/21, wobei letzterer bereits vor den Entscheidungen des BVerfG ergangen ist.

Der VI. Senat des BFH tritt dem V. und dem VII. Senat jetzt in einer Serie von Beschlüssen vom 28.10.2022, die am 24.11.2022 veröffentlicht wurden, entgegen - VI B 15/22 (AdV), VI B 27/22 (AdV), VI B 31/22 (AdV), VI B 38/22 (AdV), VI B 48/22 (AdV) . Er kann die Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge nicht erkennen.

Besonderheiten des „AdV-Verfahrens“
Den Aktenzeichen aller genannter Beschlüsse lässt sich entnehmen, dass es um „AdV-Verfahren“ geht, schnellere Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheids. Die Finanzgerichtsordnung sieht ein solches Verfahren vor, damit nicht Steuerbescheide, die im Allgemeinen vollziehbar, also vollstreckbar sind, vollzogen werden, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen und hierüber noch nicht rechtskräftig entschieden ist. Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Diese brauchen nicht einmal zu überwiegen.

Trotz dieser relativ niedrigen Schwelle meint der VI. Senat des BFH, dass die vom BVerfG zu beurteilende Verzinsungspflicht nach §§ 233a, 238 AO und die Säumniszuschläge keine ausreichende Gemeinsamkeit aufweisen, um auch die Säumniszuschläge bei summarischer Prüfung für verfassungswidrig zu halten. Dies folge schon aus den drei Funktionen der Säumniszuschläge, die bei der Verzinsung keine Rolle spielten, insbesondere komme dieser keine Lenkungs- oder Druckfunktion zu. Außerdem vermöge ein lediglich gedachter, gesetzlich aber nicht quantifizierter Zinsanteil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht zu begründen. Werde die Lohnsteuer nicht rechtzeitig abgeführt, habe dies schon deshalb zu gelten, weil der Arbeitgeber nicht selbst Steuerschuldner sei, sondern der Arbeitnehmer, für den der Arbeitgeber lediglich treuhänderisch nach Abzug vom Lohn die Steuer abzuführen habe. Ähnliches gelte auch für die Umsatzsteuer, die der Unternehmer wirtschaftlich auf den Leistungsempfänger abwälze.

Ein völlig anderer Aspekt veranlasste den II. Senat des BFH ebenso zu entscheiden wie jetzt der VI. Senat, wenn auch nur im Ergebnis (Beschluss vom 20.09.2022 – II B 3/22). Beruhen nämlich die ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids, wie hier bei den Säumniszuschlägen, auf eventuellen verfassungsrechtlichen Zweifeln an der ihm zugrunde liegenden Vorschrift und nicht auf schlichter Fehlanwendung eines Gesetzes, wird von der Rechtsprechung allgemein verlangt, dass ein besonderes Aussetzungsinteresse besteht. Dieses besondere Interesse verneint der II. Senat, wenn ein durchaus auch erheblicher Säumniszuschlag (im zu entscheidenden Fall immerhin über 6.000 €) den Steuerschuldner wirtschaftlich nicht erheblich belaste und seine wirtschaftliche Tätigkeit nicht in bedeutendem Maße beeinträchtigt.

Verfassungswidrigkeit nur der Gesamtregelung der Säumniszuschläge“
Einig sind sich alle Senate des BFH nur insoweit, als die Säumniszuschläge unter keinen Umständen nur teilweise als verfassungswidrig qualifiziert werden können, insbesondere nicht etwa beschränkt auf die Zinsfunktion. Sollte die Regelung des § 240 AO über die Säumniszuschläge verfassungswidrig sein, erfasste dies die gesamte Vorschrift. Der Gesetzgeber müsste sodann eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen.

Ausblick
Angesichts dieser sich widersprechenden Beschlüsse des höchsten deutschen Steuergerichts bleibt nicht nur der Steuerbürger, sondern auch sein steuerlicher Berater etwas ratlos zurück. Es ist anzunehmen, dass erst eine Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge, insbesondere in einem Regelverfahren, nicht in einem solchen über die Aussetzung der Vollziehung endgültige Klarheit bringen wird.

Beginnend im September 2022 wurde den Arbeitnehmern einmalig zur Entlastung bei den gestiegenen Energiekosten die Energiepreispauschale (EPP) ausbezahlt. Die Auszahlung erfolgte bei Arbeitern und Angestellten über den Arbeitgeber mit dem Lohn/Gehalt zur Auszahlung gebracht und war weder der Lohnsteuer noch der Sozialversicherungsbeitragspflicht unterworfen. 300,00 EUR brutto gleich netto soweit so gut. Wie sieht jedoch die Situation in einem Insolvenzverfahren über das Vermögen des Leistungsempfängers aus? Das Amtsgericht Norderstedt hat hierzu in einem Beschluss vom 15.09.2022 – Az.: 66 IN 90/19 entschieden, dass die Energiepreispauschale im Rahmen eines eröffneten Insolvenzverfahrens gemäß §§ 112 ff. EStG pfändbar ist und insbesondere dem Insolvenzbeschlag gemäß § 35 Abs. 1, 36 Abs. 1 InsO unterliegt. Der Insolvenzverwalter hat also – will er sich nicht persönlich haftbar machen – keine andere Möglichkeit, als dem betroffenen Insolvenzschuldner den gesamten Betrag der EPP zu nehmen und der Insolvenzmasse zukommen zu lassen. Es fragt sich sodann, welche Möglichkeiten der Schuldner hat, seine erhöhten Kosten letztendlich doch über die EPP abzudecken?

Auch hierzu hat sich das AG Norderstedt im Rahmen des vorgenannten Beschlusses geäußert: Möchte sich der Schuldner gegen die Vereinnahmung der EPP durch den Insolvenzverwalter zur Wehr setzen, muss er einen Antrag auf Vollstreckungsschutz für die EPP nach § 765a ZPO zum zuständigen Insolvenzgericht stellen:
Hier können Sie sich den Musterantrag herunterladen
Das AG Norderstedt hat aber schon in seinem oben zitierten Beschluss richtigerweise darauf hingewiesen, dass für den Erfolg eines solchen Antrages hohe Hürden zu überwinden sind. Es handelt sich bei § 765a ZPO um eine Ausnahmevorschrift! Der Antragsteller muss daher im Rahmen seines Antrages geltend machen, dass er tatsächlich von höheren Energiekosten und -preisen belastet ist, die einen Entzug des Geldes gegenüber den Gläubigern rechtfertigen können. Hierzu könnte auch gehören, dass der Schuldner diese erhöhten Kosten im Rahmen von Nachzahlungsbelegen, Vergleichsrechnungen der Benzinpreise etc. darlegt. Inwieweit die jeweiligen Insolvenzgerichte den Argumentationen der antragstellenden Schuldner folgen werden, bleibt abzuwarten.

Die Welt am Sonntag vom 06.11.2022 fasst im Wirtschaftsteil unter der Überschrift „Liquiditätsopfer“ vermeintliche Zahlungsschwierigkeiten beim Hannoveraner Medizin-Start-Up Syntellix AG zusammen. Im Artikel selbst wird von Mitarbeiterin berichtet, die längst fällige Gehaltszahlungen nicht erhalten haben und deswegen zum Teil auch vor das zuständige Arbeitsgericht gezogen seien. Dort seien dann jeweils Vergleiche geschlossen worden, in denen sich die Syntellix AG verpflichtet habe, die rückständigen und fälligen Gehälter zu bezahlen. Weiter wird berichtet, dass zunächst die im Vergleich vereinbarte Zahlungsfrist ohne Zahlung verstrichen sei und anschließende Vollstreckungsversuche aus den gerichtlichen Vergleichen für die Arbeitnehmer erfolglos verlaufen seien. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse zu Lasten eines Kontos der Aktiengesellschaft bei der NordLB hätten nicht zur Befriedigung der Forderungen aus den Vergleichen geführt. Konkret heißt es in dem Artikel: „Einige Ex-Beschäftigte haben sich aus Angst vor Repressalien vertraulich an WELT AM SONNTAG gewandt, ihre Namen sind der Redaktion bekannt. Syntellix bestreitet die Angaben des Amtsgerichts und der früheren Beschäftigten auf Anfrage: „Es trifft nicht zu, dass Anträge auf Pfändung des Kontos der Syntellix AG bei der NordLB vorliegen“, teilt das Unternehmen mit. „Die Syntellix AG ist selbstverständlich in der Lage, alle ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.““

Der Artikel wirft indirekt die Frage auf, was die (ehemaligen) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit fälligen Gehaltsforderungen nun tun können. Er wirft weiter die Frage auf, ob die Syntellix AG möglicherweise insolvenzreif (zahlungsunfähig und/oder überschuldet) ist. Die Syntellix AG bestreitet dies. Eine Klärung ist auf diese Weise nicht möglich. Die Situation wirft aber dennoch die Frage auf, wie Gläubiger erforderlichenfalls ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners initiieren können bzw. dessen Insolvenzreife unabhängig prüfen lassen können.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO ist der Insolvenzantrag eines Gläubigers (sog. Fremdantrag) zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Legt man die Angaben der (ehemaligen) Mitarbeiter der Syntellix AG als zutreffend zugrunde, sind sie Gläubiger der Aktiengesellschaft. Sie verfügen über einen vollstreckbaren Titel in Form des arbeitsgerichtlichen Vergleichs und haben erfolglos versucht, aus diesem Vergleich die Vollstreckung zu betreiben. Reicht das für die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit? Im praktischen Fall müssten die (ehemaligen) Mitarbeiter wohl damit rechnen, dass sich die Syntellix AG gegen diese Behauptung im Rahmen eines Insolvenzantragsverfahrens zur Wehr setzt.

Zur Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit ist das praktisch gängigste Mittel die Vorlage einer sog. Fruchtlosigkeitsbescheinigung eines Gerichtsvollziehers gemäß § 63 GVGA. Diese Bescheinigung sollte nicht älter als sechs Monate sein (so das OLG Dresden in ZInsO 2001, Seite 1110). Um eine solche zu erhalten, müssten also die Gläubiger zunächst einmal den zuständigen Gerichtsvollzieher mit der Durchführung der Zwangsvollstreckung beauftragen. Das kann dauern. Fraglich ist aber, ob das – weiterhin die Angaben im Zeitungsartikel als zutreffend unterstellt – überhaupt notwendig ist? Hierzu halten wir fest, dass die (ehemaligen) Mitarbeiter keine Befriedigung aus der Pfändung des Geschäftskontos erlangen konnten. Die Pfändung des Kontos wurde eingeleitet, nachdem die Syntellix AG die sie treffende Zahlungsverpflichtung aus den arbeitsgerichtlichen Vergleichen nicht – jedenfalls nicht fristgemäß – eingehalten hat. Hierzu wiederum heißt es bei Vuia – Münchener Kommentar zur InsO, 4. Auflage (2019), § 14, Rn. 14: „Als urkundliche Mittel der Glaubhaftmachung kommen bei der Zahlungsunfähigkeit … ferner schriftliche Erklärungen des Schuldners gegenüber seinen Gläubigern, in denen er seine Zahlungsunfähigkeit für die absehbare Zukunft eingesteht, etwa Gesuche um Zahlungsaufschub von deutlich mehr als einem Monat, ferner schriftliche Anerkenntnisse oder Zahlungsankündigungen, denen (was gesondert glaubhaft zu machen ist) allenfalls eigenmächtige Teilzahlungen folgen sowie zuverlässige substantiierte Presseberichte, auch wenn keine amtliche Verlautbarung enthalten,“ [in Betracht].

Für die (ehemaligen) Mitarbeiter der Syntellix AG könnte sich also zur weiteren Sachaufklärung durchaus ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Syntellix AG lohnen. Die Vorlage des gerichtlichen Vergleichs, die Nichteinhaltung der im Vergleich enthaltenen vereinbarten Zahlungsfrist und die letztendlich erfolglose Pfändung des Geschäftskontos bei der NordLB könnten das Insolvenzgericht überzeugen, hier den Insolvenzantrag zunächst für zulässig zu erachten und einen Gutachter zur weiteren Sachaufklärung zu bestellen.

Unabhängig von der objektiven Frage der Insolvenzreife zeigen Fremdanträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch immer wieder, dass solche Anträge dem betroffenen Schuldner lästig sind und er infolgedessen bisweilen neue Eigen- und/oder Fremdmittel beschafft, um letztendlich die der Antragstellung zugrundeliegenden Forderung doch noch zu erfüllen!

BGH, Urteil vom 23.09.2022 – V ZR 148/21

Allgemeines zum Autokauf

Für die Übertragung des Eigentums reicht der Abschluss eines Kaufvertrags entgegen weit verbreiteter Ansicht nicht aus, hinzukommen muss die Übereignungshandlung. Bewegliche Sachen, zu denen auch PKW gehören, werden übereignet, indem der bisherige Eigentümer sich mit dem Erwerber, meist ein Käufer, darüber einig wird, dass das Eigentum übergehen soll, was nicht notwendig ausdrücklich, sondern auch durch schlüssiges Handeln erfolgen kann, und die Sache körperlich übergeben wird. Bei der Übereignung eines PKW werden dazu im Allgemeinen die Fahrzeugschlüssel übergeben.

Sinnvoll, aber keineswegs erforderlich ist wiederum entgegen weit verbreiteter Ansicht die Übergabe der Zulassungsbescheinigung Teil I und II (früher KFZ-Schein und KFZ-Brief).

Im Grundsatz möglich ist es aber auch, von einem Nichteigentümer – auch gegen den Willen des tatsächlichen Eigentümers – das Eigentum zu erwerben, wenn die Voraussetzungen des sogenannten gutgläubigen Erwerbs vorliegen. Der Bundesgerichtshof hatte in folgendem Sachverhalt zu klären, ob dies der Fall war.

Der zu entscheidende Fall

Die Käuferin schloss mit einem Autohaus einen Kaufvertrag über einen PKW zum Preis von 30.000 € ab. Der PKW gehörte allerdings nicht dem Autohaus, sondern einer Leasinggesellschaft, die auch die Zulassungsbescheinigung Teil II in ihrem Besitz und der Veräußerung nicht zugestimmt hatte. Der PKW wurde der Käuferin am Tag des Kaufes übergeben, nicht jedoch die Zulassungsbescheinigung Teil II. Diese sollte ihr einige Tage später zugeschickt werden, was aber nicht geschah.

Später erfuhr die Käuferin, dass der Geschäftsführer des Autohauses in ähnlicher Weise etwa 100 weitere Kunden betrogen hatte. Nach erfolglosen außergerichtlichen Bemühungen klagt nun die Käuferin gegen die Leasinggesellschaft auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II. Sie behauptet dazu, ihr sei eine hochwertige Fälschung der Zulassungsbescheinigung Teil II beim Kauf vorgelegt worden, in der das Autohaus als Halter eingetragen gewesen sei. Sie sei Eigentümerin des PKW geworden und daher auch Eigentümerin der Zulassungsbescheinigung Teil II, sodass ihr ein Herausgabeanspruch zustehe.

Die Leasinggesellschaft bestreitet die Vorlage einer gefälschten Zulassungsbescheinigung Teil II und meint, sie sei nach wie vor Eigentümerin des PKW. Sie erhebt deshalb Widerklage gegen die Käuferin auf Herausgabe des PKW.

Der Klage wurde stattgegeben, die Widerklage abgewiesen.

Die Zulassungsbescheinigung Teil II

Erneut entgegen weit verbreiteter Ansicht wird in der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht der Eigentümer, sondern der Halter des PKW eingetragen, die häufig nicht identisch sind. Ein typischer Fall für das Auseinanderfallen dieser beiden Eigenschaften ist die Sicherungsübereignung des PKW, die ohne Übergabe des Fahrzeugs möglich ist. Eigentümer ist hier die finanzierende Bank, Halter hingegen der Kreditnehmer, der das Auto in Besitz behält und nutzt. Genauso verhält es sich bei Leasingfahrzeugen, hier tritt an die Stelle der Bank im vorigen Beispiel die Leasinggesellschaft.

Das Eigentum an der Zulassungsbescheinigung Teil II steht dem Eigentümer des PKW zu, wird also das Eigentum am PKW übertragen, geht das Eigentum an der Bescheinigung automatisch auf den Erwerber des Fahrzeugs über.

Im zu entscheidenden Fall kam es daher für die Klage und die Widerklage allein darauf an, ob die Käuferin das Eigentum am PKW erworben hatte oder ob die Leasinggesellschaft weiter Eigentümerin war.

Der gutgläubige Erwerb des Fahrzeugs

Für einen gutgläubigen Eigentumserwerb von einem Veräußerer, der selbst nicht Eigentümer ist, muss der Erwerber beim Übertragungsakt berechtigter Weise davon ausgehen dürfen, dass der Veräußerer zur Veräußerung berechtigt ist, er muss also glauben dürfen, dieser sei der Eigentümer. Das Gesetz formuliert negativ, der Erwerber sei nicht in gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört.

Da die Käuferin nicht wusste, dass der PKW nicht dem Autohaus, sondern der Leasinggesellschaft gehörte, hatte sie nur dann nicht das Eigentum erworben, wenn sie dies grob fahrlässig nicht bemerkt hätte. Hier kommt die Zulassungsbescheinigung Teil II ins Spiel. Wie schon ausgeführt, ist in dieser zwar nicht der Eigentümer, sondern der Halter eingetragen, sie gibt daher – anders als das Grundbuch – keine Auskunft über die Eigentümerstellung. Da üblicherweise jedoch der Eigentümer auch im Besitz der Bescheinigung ist, verlangt die Rechtsprechung, dass ein Erwerber, dem die sie nicht vorgelegt wird, nachforschen muss, weshalb der Veräußerer sie nicht vorlegen kann. Tut er das nicht, ist er grob fahrlässig und daher nicht in gutem Glauben. Er kann das Eigentum nicht gutgläubig erwerben. Nicht anders ist es, wenn die Bescheinigung zwar vorgelegt wird, jedoch jemand anderes als der Veräußerer als Halter eingetragen ist.

In unserem Fall behauptete die Käuferin, sie habe wegen der Hochwertigkeit der Fälschung der Zulassungsbescheinigung Teil II nicht erkennen können, dass das Autohaus in Wahrheit nicht Halter des PKW gewesen sei, sie habe daher gutgläubig das Eigentum erworben. Das bestreitet aber die beklagte Leasinggesellschaft. Es kam daher darauf an, ob die Käuferin ihre Gutgläubigkeit oder umgekehrt die Leasinggesellschaft deren Bösgläubigkeit zu beweisen hat. Aus der Formulierung des Gesetzes ergibt sich, dass der bisherige Eigentümer die Bösgläubigkeit zu beweisen hat, dem Erwerber obliegt es nur, die Tatsachen vorzutragen, aus denen er seine Gutgläubigkeit ableitet.

Dieser sogenannten Vortragslast war die Käuferin mit ihren Ausführungen zur Vorlage einer Fälschung nachgekommen. Die Leasinggesellschaft hätte daher beweisen müssen, dass deren Behauptungen zur Vorlage einer Fälschung nicht zutrafen. Das wäre etwa durch Benennung des Geschäftsführers des Autohauses als Zeugen möglich gewesen. Einen Beweis hatte die Leasinggesellschaft jedoch nicht angeboten. Da das Gericht im Zivilrechtsstreit anders als zum Beispiel im Strafverfahren den Lebenssachverhalt nicht von sich aus ermittelt, war die Behauptung der Käuferin zur Fälschungsvorlage als zutreffend anzusehen und der Entscheidung zugrunde zu legen, sodass die Käuferin als gutgläubig zu behandeln war. Ihr wurde deshalb ein Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II zugesprochen und die Widerklage auf Herausgabe des PKW abgewiesen.

Rechte des bisherigen Eigentümers

Der bisherige Eigentümer in einer solchen Situation ist nicht vollständig rechtlos gestellt. Zwar hat er das Eigentum an der Sache (hier PKW) verloren, kann aber von dem unberechtigt handelnden Veräußerer verlangen, dass dieser ihm herausgibt, was er für die Sache erhalten hat, regelmäßig also den Kaufpreis. Ist dieser jedoch nicht mehr vorhanden, was bei kriminellem Vorgehen nicht unüblich, aber auch sonst nicht ausgeschlossen ist, bleibt der bisherige Eigentümer auf dem Schaden sitzen. Das Gesetz mutet dem Eigentümer also zu, auf seine Sachen Acht zu geben und genau zu schauen, wem er den Besitz daran überlässt.

Angemerkt sei noch, dass ein gutgläubiger Erwerb ausgeschlossen ist, wenn dem Eigentümer die Sache gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen ist, er also den Besitz unfreiwillig verloren hat.

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