Massgeschneiderte Beratung auf höchstem Niveau ist die Grundlage der nachhaltigen Zufriedenheit unserer Mandanten.
Als mittelständische, auf das Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei mit Standorten in München, Nürnberg und Berlin betreuen wir Ihre rechtlichen Anliegen kompetent, effektiv und “auf den Punkt”, egal wo Sie uns brauchen.
Die Ausstattung unserer Kanzleistandorte mit modernster Technik erlaubt es uns, mit Ihnen jederzeit auf über große Distanz auch über Videokonferenz zu kommunizieren.
Wenn Sie also auf dem Gebiet des (internationalen) Wirtschaftsrechts, des Handels- und Gesellschaftsrechts oder auch des Sanierungs- und Insolvenzrechts einen lösungsorientierten Partner suchen, sind wir gerne an Ihrer Seite! Individuelle Beratung, Vertragsgestaltung, und Prozessvertretung gehören zu unseren Stärken, auf die Sie bauen können
Die Effektive Durchsetzung Ihrer Rechte und Interessen Stehen im Zentrum Unserer Beratung.
Gemeinsam mit Ihnen als Mandanten erörtern wir zunächst eingehend Ihre Ziele und Wünsche. Sodann identifizieren wir unter Einbeziehung unserer interdisziplinären Betrufsträger mit Ihnen zusammen den Weg, um Ihr Ziel zu erreichen. Die Erfassung komplexer Sachverhalte und die Entwicklung einer klaren und nachvollziehbaren Handlungsstruktur für Ihr Vorhaben bilden dabei die Kernkompetenzen unserer Kanzlei.
Die Spezialisten unserer Kanzlei stehen Ihnen auf ihren jeweiligen Fachgebieten gerne zur Verfügung. Zur der für Sie zu bearbeitenden Fragestellung wählen Sie das in Betracht kommende Tätigkeitsgebiet aus, für das wir in unserer Kanzlei den oder die richtigen Experten haben.
Unser Fachwissen ist immer topaktuell, intensive Aus- und Weiterbildung ist für uns Selbstverständlichkeit.
3 Standorte
22 Berufsträger
8 Fachanwälteca. 100 MITARBEITER
Die Rechtsanwaltskanzlei Pöhlmann Früchtl Oppermann ist ursprünglich aus dem Zusammenschluss dreier mittelständischer Rechtsanwaltskanzleien an den Standorten München und Nürnberg im Jahr 2005 entstanden. Um der zunehmenden Nachfrage des Marktes nach überregionalen, interdisziplinären Rechtsdienstleistungen gerecht zu werden, haben wir eine entsprechende Kanzleistruktur aufgebaut, die im Jahre 2020 durch den Beitritt der Rechtsanwaltskanzlei Houben aus Berlin sinnvoll ergänzt wurde. Hierdurch können wir unseren Mandanten ein Höchstmaß an Flexibilität, kompetente Ansprechpartner vor Ort und eine moderne Beratungsstruktur bieten.
An unseren Standorten in München, Nürnberg und Berlin sind wir mit 22 Berufsträgern, davon 8 mit der Berechtigung einen oder mehrere Fachanwaltstitel zu führen, dort für Sie tätig, wo Sie uns brauchen. Mit dieser Struktur können wir uns Ihrem Vorhaben professionell, schnell und “auf den Punkt” annehmen. Komplexe Beratungen begleiten wir mit interdisziplinären Teams, um für Sie sämtliche Facetten einer rechtlichen Gestaltung zu beleuchten. Dabei achten unsere Spezialisten auf eine klare und verständliche Sprache. Jederzeitige Erreichbarkeit und Kommunikation sind für uns wichtige Bausteine einer langfristigen Partnerschaft.
3 Standorte
22 Berufsträger
8 Fachanwälteca. 100 MITARBEITER
Über unseren Registersitz in München sind wir seit dem 11.12.2012 durch die SGS Gruppe Deutschland (TÜV Saarland) gemäß DIN ISO 9001 : 2015 zertifiziert worden. Daneben verfügen alle Standorte innerhalb der CURATOR AG über zusätzliche Zertifizierungen für die von uns auch ausgeübte Tätigkeit der Insolvenzverwaltung und damit über eine ganzheitlich geordnete Struktur sowie eine niedergeschriebene Ablauf- und Aufbauorganisation, die regelmäßig durch unabhängige Auditoren im Rahmen interner und externer Audits überprüft wird.
Die Zertifizierung ermöglicht es uns, noch flexibler unsere Prozesse ggf. auch in bestimmten Bereichen kurzfristig und optimal für unsere Mandanten anzupassen. Personenunabhängig sind wir durch die Zertifizierung in der Lage, die hohe Qualität unserer Arbeit für unsere Mandanten transparent zu gestalten und Kontinuität zu sichern.
Bereits vor Jahren haben sich unsere Partner über ihr berufliches Engagement hinaus auch für die Rechte der schwächeren Mitglieder unserer Gesellschaft eingesetzt. In diesem Bestreben haben sich insgesamt sieben mittelständische Unternehmer im Februar 2011 zusammengefunden und den Verein Perspektiven e.V. zur Unterstützung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher gegründet. Im Rahmen dieses Vereins werden Spendengelder sowohl durch Beiträge als auch durch Charity-Veranstaltungen generiert und dann auf direktem Wege zum Zwecke der Ausbildung oder der Förderung von Freizeitaktivitäten an Kinder und Jugendliche eingesetzt.
Besonders hervorzuheben ist dabei, dass der Verein hierbei zu 100% ehrenamtlich geführt wird und die Gelder gerade nicht einfach an Träger von Kinder- und Jugendheimen weitergeleitet, sondern gezielt und direkt zum Wohle der Kinder und Jugendlichen verwendet werden. Gerne unterstützen wir daher sowohl finanziell als auch durch unsere ehrenamtliche Tätigkeit als Vorstände und Mitglieder im Verein Perspektiven e.V. die Ziele des Vereins und sorgen dafür, dass auch diesen Kindern eine positive Zukunftsperspektive aufgezeigt werden kann.
Der seit Februar 2022 währende Krieg in der Ukraine und die damit einsetzende Fluchtbewegung innerhalb Europas hat uns dazu bewogen, auch dort helfend aktiv zu werden. Gemeinsam mit weiteren Freunden, die teilweise selbst aus verschiedenen Regionen der Ukraine stammen, wurde der gemeinnützige Verein Ukraine Donation e.V. gegründet. Zweck des Vereins ist es Sach- und Geldspenden einzusammeln, um diese dann im Rahmen von eigens organisierten Hilfstransporten direkt nach Dnipro zu bringen. Dort werden Krankenhäuser, Kinderheime, aber auch ukrainische Flüchtlingsfamilien mit Lebensmitteln, Hygieneartikeln und - wenn benötigt - mit Kleidung versorgt. Teilweise kommen Familien mit wortwörtlich nichts als der eigenen Kleidung in Dnipro aus den unmittelbar von Kampfhandlungen betroffenen Regionen an. In diesem Zusammenhang erreichen uns dramatische Schicksale, gleichzeitig aber auch ungblaublich große Dankbarkeit der Zivilbevölkerung.
Deswegen möchten wir auch Sie dafür gewinnen, nach Ihren Möglichkeiten einen Beitrag für Menschen in größter Not zu spenden. Nähere Informationen finden Sie unter auf der Webseite UADONATION unseres Vereins.
Mit einem Klick erhalten Sie alle Infomation über das jeweilige PFO Mitglied
Bei uns finden Sie Berufsträger für die verschiedensten Fachgebiete, die sich in speziell für Ihren Fall zusammengestellten Teams um Sie kümmern.
Wir verstehen uns nicht nur als konstruktive aber auch kritische Prüfer, Berater und Ideengeber, sondern auch als visionäre Wegbereiter, die zu Lösungen anregen.
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Wir haben Büros in München, Nürnberg und Berlin, um Sie erfolgreich und nahe an Ihrem Standort betreuen zu können.
Landsberger Straße 346, 80687 Münchent +49-89-23806-0 f +49-89-23806-120e muenchen@pfo-anwaelte.de
Nordostpark 7-9, 90411 Nürnbergt +49-911-59890-20 f +49-911-59890-49e nuernberg@pfo-anwaelte.de
Fasanenstraße 71, 10719 Berlint +49-30-484824-60 f +49-911-59890-95e berlin@pfo-anwaelte.de
Um den wachsenden Anforderungen an die Betreuung von Insolvenzverfahren gerecht zu werden, agieren die Rechtsanwälte unserer Kanzlei, die auch als Insolvenzverwalter bestellt werden und tätig sind, seit dem 1.12.2012 unter der CURATOR AG - Insolvenzverwaltungen, an der wir als einer von zwei Gründungsgesellschafter beteiligt sind. Die CURATOR AG ist bundesweit tätig, und hier kooperieren allein für diesen Tätigkeitsbereich inzwischen 14 Insolvenzverwalter aus neun Kanzleien, die über ein interdisziplinäres Know How und ein umfassendes Netzwerk verfügen und die in einem engen Verbund in großen und komplexen Verfahren sich gegenseitig unterstützen.
Als Insolvenzverwalter und auch als Sachwalter im Rahmen von Eigenverwaltungen werden von der PFO Dr. Werner Pöhlmann, Dr. Stefan Oppermann, Alexander Kubusch, André Houben, Sirko Hampel und Hannah Rady regelmäßig von vielen Insolvenzgerichten bestellt und sind im Verbund der CURATOR AG tätig. Im Bereich der Insolvenzverwaltung sind alle unsere Standorte sowohl nach DIN ISO 9001:2015 als auch nach GOI (Grundsätze ordnungsgemäßer Insolvenz- und Eigenverwaltung) von der DQS GmbH zertifiziert und decken alle Bereiche der Insolvenzverwaltung ab. Sämtliche Verwalter sind dazu in der Lage, Verfahren jeder Größenordnung zu betreuen, Insolvenzpläne zu erarbeiten und (vorläufige) Eigenverwaltungen zu beaufsichtigen. Insolvenzrechtliche Beratungen von Gläubigern und die Begleitung von Schuldnern in Eingeverwaltungsverfahren erfolgen im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit in der PFO.
Wir halten Sie auf dem Laufenden mit aktuellen Informationen und hilfreichen News.
Vertragsauslegung in Zweifelsfällen
Verträge sind - abgesehen von einfachsten Geschäften des täglichen Lebens – selten in jeder Hinsicht eindeutig. Häufig bedarf es daher der Auslegung, für die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) in den §§ 133 und 157 Hilfestellungen gibt. Danach ist bei der Auslegung einer Willenserklärung der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Vor diesem Hintergrund hat schon das Reichsgericht in einem Urteil vom 08.06.1920 einen Fall zu entscheiden, der seitdem in der juristischen Ausbildung als Schulfall verwendet wird. Die Entscheidung würde auch heute in gleicher Weise getroffen.
Der dortige Kläger kaufte im November 1916 beim dortigen Beklagten 214 Fass Haakjöringsköd aus Norwegen, das sich auf einem von Norwegen kommenden Dampfer auf dem Weg zum Hamburger Hafen befand. Beide gingen davon aus, dass es sich bei Haakjöringsköd um Walfleisch handele. Tatsächlich bezeichnet „Haakjöringsköd“ im Norwegischen jedoch Haifischfleisch. Ende November 1916 zahlte der Kläger den vollen Kaufpreis an den Beklagten.
Beim Eintreffen des Dampfers stellte sich heraus, dass die Fässer Haifischfleisch enthielten, für das es in Folge des Ersten Weltkriegs Einfuhrbeschränkungen gab, sodass die staatliche Zentral-Einkaufsgesellschaft die Ladung beschlagnahmte und dem Kläger einen Übernahmepreis zahlte, der jedoch um fast 50.000 Mark niedriger war als der von ihm gezahlte Kaufpreis. Diese Differenz verlangte der Kläger vom Beklagten. Die Vorinstanzen verurteilten den Beklagten, seine Revision hatte beim Reichsgericht keinen Erfolg.
Entscheidend für die Lösung war die Auslegung des Vertrags. Beinhalte dieser den Verkauf von Haifisch- oder Walfischfleisch? Das Reichsgericht entschied, dass ein Vertrag über Walfleisch zustande gekommen war, obwohl beim Vertragsschluss beide Parteien den Ausdruck Haakjöringsköd verwendet hatten. Die Parteien hatten hier subjektiv etwas anderes gewollt, als sie objektiv erklärten. Sie haben sich somit beide in gleicher Weise über den Inhalt ihrer Erklärungen geirrt. Es bestand daher kein Anlass, sie am Wortsinn „Haifischfleisch“ festzuhalten.
Maßgeblich war, dass die Vertragsparteien dasselbe wollten. Die übereinstimmende Falschbezeichnung spielte keine Rolle. Es gilt - in der juristischen Sprache – der Grundsatz falsa demonstratio non nocet („falsche Bezeichnung schadet nicht“).
Der zu entscheidende Fall
Bei dem Fall, den der BGH am 23.06.2023 zu entscheiden hatte, ging es vor allem um die Frage, ob der Sachverhalt gebot, den Grundsatz falsa demonstratio non nocet anzuwenden.
Mit notariellem Vertrag vom 09.12.2009 verkauften die Beklagten den Klägern ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück zum Preis von 270.000 €. Als Kaufgegenstand war in der Notarurkunde das Flurstück 291/3 genannt. Die Kläger gingen bei Vertragsschluss irrtümlich davon aus, dass hierzu auch das angrenzende, 19 m² große Flurstück 277/22 gehöre. Tatsächlich steht dieses Flurstück jedoch im Eigentum eines Dritten, der es nunmehr von den Klägern als den Besitzern in einem weiteren Streitfall herausverlangt.
Die Kläger begehren die Rückabwicklung des Vertrages sowie die Feststellung, dass die Beklagten sie von sämtlichen sich im Zuge der Rückabwicklung ergebenden materiellen Schäden freizustellen haben. Das Landgericht hat die am 28.12.2020 eingegangene Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem BGH zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Eine solche Revisionszulassung durch den BGH bedeutet nicht, dass der Revisionsführer gesteigerte Aussichten auf Erfolg seines Begehrens hätte. Denn der BGH lässt die Revision unabhängig von den Erfolgsaussichten zu, wenn entweder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Vorliegend konnte der BGH mangels geeigneter Tatsachenfeststellungen durch das Berufungsgericht nicht feststellen, dass Anspruch der Kläger, sein Bestehen unterstellt, verjährt gewesen wäre oder dass es sich bei dem Grundstück 277/22 um eine so untergeordnete Fläche handelte, dass der Rücktritt schon deshalb ausgeschlossen gewesen wäre.
Die Entscheidungsgründe
Diese Fragen konnten indessen offenbleiben, weil schon aus anderen Gründen den Klägern kein Rücktrittsrecht zur Seite stand. Denn, so der BGH, der Kaufgegenstand sei allein das Hausgrundstück 291/3 gewesen, nicht das Flurstück 277/22. Zu diesem Ergebnis gelangt der BGH durch Auslegung des notariellen Vertrags.
Ausgangspunkt der Auslegung ist stets der Wortlaut einer Vereinbarung, daneben hat die Auslegung aber weitere Aspekte, etwa die Entstehungsgeschichte des Vertrags, die Äußerungen der Parteien vor dem Vertragsschluss und die Interessenlage der Parteien, zu berücksichtigen, also Umstände, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen und für einen Dritten nicht oder nicht ohne Weiteres zu erkennen sind.
Bei notariell zu beurkundenden Verträgen gelten aber Einschränkungen für diese Regel, da anzunehmen ist, dass die Parteien unter der Leitung des Notars das erklären, was sie tatsächlich auch erklären wollen.
Allerdings können für die Auslegung eines der notariellen Beurkundung bedürftigen Vertrags nach der Rechtsprechung des BGH auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände im Einzelfall herangezogen werden. Dies setzt aber grundsätzlich voraus, dass der rechtsgeschäftliche Wille der Parteien in der Urkunde einen, wenn auch nur unvollkommenen, Ausdruck gefunden hat. Einen solchen sah der BGH vorliegend nicht. Der Wortlaut des Vertrags bezog sich eindeutig nur auf das Hausgrundstück.
Allerdings greift das Erfordernis des zumindest andeutungsweisen Niederschlags des Vereinbarten in der Urkunde ausnahmsweise nicht bei einer versehentlichen Falschbezeichnung, einer falsa demontrtio. Es muss dann allerdings feststehen, dass die Vertragsparteien in der Erklärung Begriffe anders als nach dem Wortsinn verstanden haben oder mit Flurstück- oder Grundbuchangaben andere Vorstellungen über den verkauften Grundbesitz verbunden haben. Beurkundet ist in diesem Fall das übereinstimmend Gewollte.
Anders ist das jedoch wiederum, wenn es nicht um den Kaufgegenstand selbst geht, sondern um seine Eigenschaften oder Beschaffenheiten. Fehlt es hier an einem Niederschlag im Vertragstext, liegt keine Falschbezeichnung vor, sondern es fehlt an dem notwendigen entsprechenden Rechtsbindungswillen.
Eine Falschbezeichnung des verkauften Grundstücks konnte der BGH vorliegend nicht ermitteln. Eine solche läge zum Beispiel vor, wenn die Parteien die Parzellenbezeichnung verwechseln, eine von mehreren verkauften Parzellen in der Urkunde vergessen, wenn irrtümlich im Vertragstext das gesamte Grundstück aufgeführt ist, aber nur die Veräußerung eines Teilgrundstücks vereinbart war, oder eine Parzelle nicht im Text aufgeführt wurde, die aber nach den Umständen des Einzelfalls mitverkauft sein sollte. Bei allem handelt es sich um engumgrenzte Ausnahmen.
Eine solche Ausnahme liegt im Allgemeinen nicht mehr vor, wenn die vermeintlich mitverkaufte Parzelle nicht im Eigentum des Verkäufers steht, weil dieser regelmäßig nicht fremde Grundstücke veräußern will. Das ändert sich auch dann nicht, wenn die Grundstücke scheinbar eine Einheit bilden, etwa weil sie gemeinsam eingefriedet sind. Ein anderes Ergebnis ist nur gerechtfertigt, wenn besondere und gewichtige Indizien für einen abweichenden Willen der Parteien sprechen.
Hier kam die Anwendung des Grundsatzes falsa demonstratio non nocet vor allem aber deshalb nicht zur Anwendung, weil nur die Kläger einer falschen Vorstellung unterlagen, nur sie nahmen an, die Parzelle 277/22 sei mitverkauft. Das ist selbst dann nicht anders zu beurteilen, wenn die Beklagten bei den Klägern diese Fehlvorstellung geweckt oder zumindest erkannt hätten. Eine Einigung über die nicht im Eigentum der Beklagten stehende Parzelle ist damit gerade nicht verbunden. Der BGH geht sogar noch einen Schritt weiter: „Und selbst wenn auch die Beklagten davon ausgegangen sein sollten, dass das Flurstück des Nachbarn (277/22) Bestandteil ihres eigenen Grundstücks (291/3) war, sind keinerlei Anhaltspunkte festgestellt oder von der Revision vorgebracht, die ausnahmsweise auf den auch von den Klägern so zu verstehenden Willen der Beklagten hindeuten könnten, mehr verkaufen zu wollen als das, was nach dem Grundbuch und dem Liegenschaftskataster in ihrem Eigentum stand. Hierfür genügt, … , insbesondere die gemeinsame Besichtigung nicht.“
In dieser Situation richtet sich der Blick des Gerichts auf eine weitere Facette des Falls.
Hätten die Beklagten einen Irrtum der Kläger über den Umfang des zu verkaufenden Grundstücks hervorgerufen oder einen solchen Irrtum erkannt, aber nicht berichtigt, käme eine Inanspruchnahme der Beklagten wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo) in Betracht. Eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach wäre dann auch nicht davon abhängig, ob sie nur fahrlässig oder sogar vorsätzlich gehandelt haben.
Ein solcher Anspruch könnte zwar unter Umständen auf Rückabwicklung gerichtet sein, wenn die versprochene Leistung, hier also (nur) das Flurstück 291/3, ohne das Flurstück 277/22 für die Zwecke der Kläger nicht geeignet wäre und hierin der Schaden bestünde. Ein solcher Anspruch, wiederum sein Bestehen unterstellt, wäre aber verjährt gewesen. Es bedurfte deshalb keiner weiteren Aufklärung des Sachverhalts und der BGH konnte abschließend entscheiden und die Revision der Kläger zurückweisen.
Die Zahlung von Arbeitslohn ist unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung im laufenden und im vorigen Jahr in den Blick der höchstrichterlichen Fachgerichtsbarkeit – Bundesarbeitsgericht (BAG) und Bundesfinanzhof (BFH) – geraten.
Das BAG hatte 2014 eine Diskussion darüber angestoßen, ob bei der Anfechtung von Lohnzahlungen durch den Insolvenzverwalter das Existenzminimum zugunsten des Arbeitnehmers geschützt werden müsse. Diese höchstrichterliche Äußerung ist vielfach fehlinterpretiert worden. Der Insolvenzrechtssenat des BAG stellte dies kürzlich mit Urteil vom 22.05.2022 (6 AZR 497/21) richtig. Danach ist es nicht Aufgabe des Insolvenzanfechtungsrechts, das Existenzminimum des Arbeitnehmers als Anfechtungsgegner zu sichern, dies habe vielmehr durch die Pfändungsschutzvorschriften der Zivilprozessordnung und das Sozialrecht zu erfolgen. Daher sei auch die Zahlung von gesetzlichem Mindestlohn oder des Anteils des Mindestlohns in der Lohnzahlung ohne Rücksicht auf soziale Implikationen anfechtbar
Der BFH hatte sich in den beiden Besprechungsentscheidungen mit der Frage zu befassen, ob die Aufrechnung mit Lohnsteuerforderungen mit anderweitigen Steuererstattungsansprüchen in der Insolvenz des Arbeitgebers Bestand hat, was unter anderem davon abhängt, ob eine nicht durch Aufrechnung, sondern durch Zahlung erfolgte Entrichtung der Lohnsteuer anfechtbar sein kann oder ob dies schon von Rechts wegen ausgeschlossen ist.
Die zu entscheidenden Fälle
Dem Urteil vom 18.04.2023 lag folgender Sachverhalt zugrunde. Der späteren Insolvenzschuldnerin stand aus 2014 ein Körperschaftsteuerguthaben zu. Im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag zahlte sie zwar noch Löhne, führt die Lohnsteuer aber nicht mehr ab. Das Finanzamt verrechnete daraufhin das Körperschaftsteuerguthaben mit der offenen Lohnsteuer. Der Insolvenzverwalter meinte, die Verrechnung sei unzulässig gewesen, weil das Finanzamt die Aufrechnungslage durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe, und verlangte die Auszahlung des Körperschaftsteuerguthaben.
Der Sachverhalt der zweiten Entscheidung ist ganz ähnlich gelagert, allerdings lagen die Verrechnungen hier längere Zeit vor dem Insolvenzantrag. Verrechnet wurden Umsatzsteuererstattungsbeträge mit offener Lohnsteuer. Hier begehrte der Verwalter die Auszahlung des Umsatzsteuerguthabens.
Nachdem die Insolvenzverwalter die Verrechnungen nicht anerkannten, erließen in beiden Fällen die beteiligten Finanzämter Abrechnungsbescheide nach § 218 der Abgabenordnung (AO), mit denen sie feststellten, dass die jeweiligen Forderungen auf Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens beziehungsweise auf Erstattung von Umsatzsteuer wirksam mit der Lohnsteuerforderung aufgerechnet worden waren.
Nach erfolglosen Einsprüchen gegen die Abrechnungsbescheide erhoben die Insolvenzverwalter Klage vor dem Finanzgericht. In beiden Fällen wurden die Klagen abgewiesen. Vor dem BFH obsiegten die Insolvenzverwalter.
Die Entscheidungsgründe
Wird etwas aus der späteren Insolvenzmasse (dem pfändbaren Vermögen des Schuldners) weggeben, kann der Insolvenzverwalter das Weggegebene zur Insolvenzmasse zurückverlangen, wenn die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. der Insolvenzordnung (InsO) gegeben sind.
Eine vergleichbare Situation tritt ein, wenn ein Insolvenzgläubiger sich seinerseits einer Forderung des späteren Insolvenzschuldners ausgesetzt sieht. Rechnet hier entweder der Schuldner oder der Insolvenzgläubiger auf, wird zwar aus dem Vermögen des Schuldners nichts weggegeben, der Schuldner verliert aber seine Forderung, die der Insolvenzverwalter anderenfalls zur Masse hätte ziehen können, sodass durch die Aufrechnung grundsätzlich eine Gläubigerbenachteiligung eintritt. § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO bestimmt deshalb, dass die Aufrechnung unwirksam ist, wenn die Aufrechnungslage anfechtbar geschaffen wurde. Dies ist der Fall, wenn die Begründung mindestens einer der beiden wechselseitigen Forderungen die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO erfüllt.
Zentrale Frage in beiden Rechtsstreiten war deshalb, ob die Aufrechnungslage durch eine anfechtbare Rechtshandlung geschaffen worden war. Streitig war schon, ob die Lohnsteuerforderungen „durch Rechtshandlungen“ begründet werden. Das hatte der jetzt entscheidende VII. Senat des BFH früher verneint, weil er die Ansicht vertrat, die Begründung von Steuerforderungen sei der Anfechtung schon deshalb entzogen, weil ihnen keine Rechtshandlungen zugrunde lägen, sondern sie kraft Gesetzes entstünden. Dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof (BGH) entgegengetreten. Er urteilte, es sei zwar zutreffend, dass die Steuer kraft Gesetzes entstünde, jedoch nur aufgrund von Rechtshandlungen des Steuerschuldners. Der Begriff der Rechtshandlung im Sinne Insolvenzanfechtung ist nach dessen Rechtsprechung weit auszulegen. Als Rechtshandlung kommt jede Handlung in Betracht, die zum Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt, das heißt ein von einem Willen getragenes Handeln, das rechtliche Wirkungen auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann. Erfasst werden nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst. So hatte der BGH 2009 entschieden, dass der Realakt des Bierbrauen eine Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff. InsO darstellt, weil es unabhängig vom Willen der Beteiligten die Biersteuer begründet und die sogenannte Sachhaftung nach § 76 der Abgabenordnung (AO) am gebrauten Bier.
Dieser Ansicht des BGH hatte sich der BFH späterhin für die Begründung der Umsatzsteuer angeschlossen. Die anfechtbare Rechtshandlung liegt hier in der Ausführung eines Umsatzes, also etwa einer Lieferung des Unternehmers an einen Abnehmer (Leistungsempfänger).
Dies dehnt der BFH jetzt auch auf die Lohnsteuer aus. Zwar entstehe diese kraft Gesetzes durch Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen, nämlich nach § 38 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit der Zahlung des Arbeitslohns, sie beruhe aber gerade auf dieser Handlung.
Zudem meinte der BFH in früheren Entscheidungen, die Begründung der Lohnsteuer sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, weshalb sie nach § 142 InsO der Anfechtung nicht zugänglich sei. Diese rechtlich nur schwer vertretbare und der Ansicht des BGH ebenfalls entgegenstehende Meinung gibt der BFH jetzt ohne nähere Begründung auf.
Dementsprechend hat der BFH dem Urteil vom 18.04.2023 folgenden Leitsatz vorangestellt:
„Die Zahlung von Arbeitslohn stellt eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff. InsO dar.“
Das allein reicht jedoch nicht um die Zahlung des Lohns als anfechtbar anzusehen. Zusätzlich muss diese Rechtshandlung zunächst die Insolvenzgläubiger benachteiligt haben. Die Gläubiger werden benachteiligt, wenn die Rechtshandlung zu einer Minderung der Insolvenzquote führt, dies kann entweder durch Weggabe des aktiven Vermögens (Minderung der Aktivmasse) oder durch eine Vermehrung des Schuldenbestands (Mehrung der Passivmasse) geschehen. Auch im letzten Fall sinkt die Quote, weil die Insolvenzmasse dann auf ein größeres Forderungsvolumen zu verteilen ist.
In diesem Sinn führt die Lohnzahlung zu der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung, weil sie im Endergebnis den Arbeitgeber mit der Lohnsteuerforderung des Finanzamts belastet. Zwar ist Schuldner der Lohnsteuer nach § 38 EStG nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber haftet jedoch nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer, die er vom Lohn einzubehalten und abzuführen hat.
In beiden zu entscheidenden Fällen war durch die Lohnzahlung damit letztlich auch die Aufrechnungslage zugunsten des Finanzamts geschaffen worden. Beiden Insolvenzschuldnerinnen standen Forderungen gegen das Finanzamt zu, durch die Begründung der Lohnsteuer konnte das Finanzamt aufrechnen.
Die Anfechtbarkeit einer die Insolvenzgläubiger benachteiligenden Rechtshandlung setzt ferner voraus, dass einer der besonderen Anfechtungstatbände der §§ 130 bis 137 InsO erfüllt ist.
In der Entscheidung vom 18.04.2023 war dies § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger (genauer gesagt: jemandem, der ohne die anfechtbare Rechtshandlung Insolvenzgläubiger wäre) eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Diese Regelung ist ein scharfes Schwert, das der Gesetzgeber dem Insolvenzverwalter an die Hand gibt, weil Leistungen im letzten Monat vor dem Insolvenzantrag als hochgradig verdächtig gelten. Neben der zeitlichen Komponente ist allein die Inkongruenz der Rechtshandlung erforderlich. Das entscheidet sich im Fall der Schaffung einer Aufrechnungsalge danach, ob der Insolvenzgläubiger, hier das Finanzamt, einen Anspruch auf Befriedigung seiner Forderung gerade durch die geschaffene Möglichkeit der Aufrechnung hatte. Maßgeblich kommt es darauf an, ob sich die Aufrechnungsbefugnis aus dem zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt. Dies war hier die Begründung des Körperschaftsteuerguthabens. Daraus ergab sich für das Finanzamt kein Anspruch auf Aufrechnung der Lohnsteuer. Ohne die – eher zufällig entstandene – Möglichkeit der Aufrechnung hätte das FA die Steuererstattung zur Masse auszahlen müssen und die Lohnsteuerforderung nur zur Insolvenztabelle anmelden können. Die Schaffung der Aufrechnungslage war mithin inkongruent und erfüllte damit alle Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Die Aufrechnung selbst somit war unwirksam, sodass der Insolvenzverwalter zu Recht die Auszahlung des Körperschaftsteuerguthabens verlangte.
Der Fall des Urteils vom 20.06.2023 lag etwas schwieriger. Da hier die Löhne längere Zeit vor dem Insolvenzantrag gezahlt worden waren, kam allein die Anfechtbarkeit nach § 133 InsO wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung in Betracht. Da das Finanzgericht die hierfür erforderlichen Feststellungen nicht vollständig getroffen hatte, hob der BFH die Sache auf und verwies den Streit an das Finanzgericht zurück. In diesem Verfahren trat ein zusätzliches Problem (die sogenannte bargeschäftsähnliche Lage) auf, das wegen einer Gesetzänderung nur noch Insolvenzverfahren betrifft, die vor dem 05.04.2017 eröffnet wurden. Von einer näheren Darstellung wird daher hier angesehen.
Nach einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs durch Urteil vom 09.02.2023 (C-453/21 – X-FAB Dresden) hält das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Aufgaben des Betriebsratsvorsitzenden für unvereinbar mit dem Amt des Datenschutzbeauftragten. Die Inkompatibilität der Ämter mache den zunächst zum Betriebsratsvorsitzenden gemäß § 26 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) gewählten und später zum Datenschutzbeauftragten bestellten Kläger für dieses Amt unzuverlässig. Hierin ist indessen keine Unzuverlässigkeit in der Person des Klägers zu sehen, die Unzuverlässigkeit ergibt sich vielmehr aus der Kombination, der Inkompatibilität der Ämter.
Der konkret zu entscheidende Fall
Der Kläger war Betriebsratsvorsitzender der beklagten, dem X. Konzern angehörenden Gesellschaft. Er wurde 2015 zusätzlich von der Beklagten, deren Muttergesellschaft sowie deren weiteren in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften jeweils gesondert zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Mit der parallelen Bestellung des Klägers verfolgten die Unternehmen das Ziel, einen konzerneinheitlichen Datenschutzstandard zu etablieren.
2017 äußerte der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gegenüber Muttergesellschaft der Beklagten, er habe Bedenken, dass der Kläger die zur Erfüllung seiner Aufgaben als betrieblicher Datenschutzbeauftragter erforderliche Zuverlässigkeit besitze, und stützte sich hierbei auf § 4f Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes in der bis zum 24.05.2018 gültigen Fassung (BDSG aF).
Mit Schreiben aus November 2017 stellte der Thüringer Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit gegenüber der Muttergesellschaft abschließend fest, der Kläger verfüge nicht über die erforderliche Zuverlässigkeit. Aufgrund der Inkompatibilität mit dem Amt des Betriebsratsvorsitzenden sei der Kläger bereits nicht wirksam zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten bestellt worden. Das Unternehmen verfüge deshalb seit 2015 über keinen betrieblichen Datenschutzbeauftragten. Die Muttergesellschaft erhielt fristgebundene Gelegenheit zur Stellungnahme mit dem Hinweis, dass nach Fristablauf ein betrieblicher Datenschutzbeauftragter von Amts wegen bestellt werde und die Verletzung der Pflicht, einen Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen, mit einer Geldbuße bis zu 50.000 EUR geahndet werden könne.
Die Beklagte und die weiteren in Deutschland ansässigen Konzernunternehmen teilten dem Kläger daraufhin in eigenständigen Schreiben mit, dass eine wirksame Bestellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter nicht erfolgt sei und nunmehr zur Vermeidung eines Bußgeldes ein geeigneter Datenschutzbeauftragter bestellt werde. Hilfsweise widerriefen sie seine Bestellung mit sofortiger Wirkung. Vorsorglich beriefen sie ihn nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gemäß Art. 38 Absatz 3 Satz 2 DSGVO als Datenschutzbeauftragten ab.
Der Kläger meinte, er sei wirksam für deren Betrieb zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden. Seine Abberufung sei daher nicht wirksam. Die Beklagte beantragte Klageabweisung, da jedenfalls der durch sie erklärte Widerruf der Bestellung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten Wirksamkeit entfaltet hätte.
Seiner Klage hat das Arbeitsgericht Dresden stattgegeben, die Berufung der Beklagten hat das Sächsische Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Auf ihre Revision hat das BAG nun die Klage abgewiesen.
Die Entscheidungsgründe
Das BAG meint, der Kläger sei zwar wirksam zum Datenschutzbeauftragten bestellt worden, seine Bestellung sei durch die beklagte Arbeitgeberin aber ebenso wirksam widerrufen worden.
- Zur Stellung des Datenschutzbeauftragten
Die Überschneidung der Interessensphären des Betriebsratsvorsitzenden einerseits und des Datenschutzbeauftragten andererseits könne, so das BAG, der vom BDSG geforderten Zuverlässigkeit entgegenstehen. Dafür reiche nicht jede Berührung der verschiedenen Aufgaben aus, da das Gesetz die Berufung eines Arbeitnehmers zum Datenschutzbeauftragten im Grundsatz zulasse, aber der Datenschutzbeauftragte habe das Arbeitsumfeld eines jeden Mitarbeiters zu überwachen, letztlich also auch sich selbst.
Es müsse gewährleistet sein, dass der Datenschutzbeauftragte seine Pflichten in völliger Unabhängigkeit erfüllen könne. Ein Grund für den Widerruf der Funktion des Datenschutzbeauftragten sei danach in der Regel gegeben, wenn der Arbeitnehmer bei der Erfüllung seiner weiteren Aufgaben und Pflichten gestaltenden Einfluss auf die Datenverarbeitung in der verantwortlichen Stelle habe. In einem solchen Fall könne die unabhängige Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten gefährdet sein. Das Recht des Verantwortlichen, die Bestellung des Datenschutzbeauftragten im Fall eines gestaltenden Einflusses auf die Datenverarbeitung zu widerrufen, wahre dessen funktionelle Unabhängigkeit, genauer: diejenige des Amtes, und gewährleiste damit die Wirksamkeit der datenschutzrechtlichen Bestimmungen.
Der Datenschutzbeauftragte habe auf die Einhaltung des BDSG alter Fassung und anderer Vorschriften über den Datenschutz hinzuwirken. Dabei habe er insbesondere die ordnungsgemäße Anwendung der Datenverarbeitungsprogramme, mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, zu überwachen sowie die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätigen Personen durch geeignete Maßnahmen mit den Vorschriften über den Datenschutz und mit den jeweiligen besonderen Erfordernissen des Datenschutzes vertraut zu machen.
- Die Stellung des Betriebsratsvorsitzenden
Das BAG lässt offen, ob die Stellung als einfaches Betriebsratsmitglied mit derjenigen des Datenschutzbeauftragten vereinbar ist, die des Vorsitzenden sei es jedenfalls nicht.
Der Betriebsrat lege als Gremium Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest. Er entscheide, unter welchen konkreten Umständen er welche personenbezogenen Daten in Ausübung der ihm zugewiesenen Aufgaben erhebe und auf welche Weise er diese anschließend verarbeite.
In bestimmten sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten stünden dem Betriebsrat Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte zu, die von der bloßen Anhörung bzw. Unterrichtung, über die Beratung bis hin zum Zustimmungsverweigerungsrecht und schließlich zum Mitbestimmungsrecht reichten. In Erfüllung dieser Aufgaben verarbeite der Betriebsrat personenbezogene Daten, die er vom Arbeitgeber erhalte, aber auch von Beschäftigten selbst, etwa im Rahmen der Sprechstunde, einer Beschwerde, des Vorschlagsrechts der Arbeitnehmer, des Meinungsaustauschs im Rahmen von Betriebs- oder Abteilungsversammlungen oder der Anhörung eines von einer personellen Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers. Des Weiteren könne der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber Betriebsvereinbarungen schließen, etwa zu technischen Überwachungseinrichtungen, die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand haben könnten. Im Rahmen seiner gesetzlichen Aufgaben lege der Betriebsrat die Zwecke der Datenverarbeitung fest und insbesondere, welche mitarbeiterbezogenen Informationen er verlange und wie er damit tatsächlich umgehe.
- Der Abgleich der beiden Positionen
Schon nach dem BDSG alter Fassung habe es dem Datenschutzbeauftragten oblegen, die Datenschutzkonformität der auf Anforderung des Betriebsrats durch den Arbeitgeber vorgenommenen Übermittlung personenbezogener Mitarbeiterdaten zu überprüfen. Bei der Übermittlung sensitiver Daten habe er dementsprechend in eigener Sache überwachen müssen, ob das Schutzkonzept des Betriebsrats datenschutzrechtlichen Anforderungen entsprochen habe und der Arbeitgeber die Daten an den Betriebsrat habe übermitteln dürfen.
Demgegenüber bestimme der Betriebsrat auch über die Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten.
Als Beauftragter für den Datenschutz sei der Vorsitzende des Betriebsrats verpflichtet zu prüfen, ob die von ihm nach außen vertretene Beschlusslage des Betriebsrats mit den Bestimmungen des Datenschutzes im Einklang stehe. Zwar sei er in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Funktion in erster Linie Mitglied des Betriebsrats, habe aber dessen Beschlüsse nach außen zu vertreten. Zudem sei er zur Entgegennahme von dem Betriebsrat gegenüber abzugebenden Erklärungen berechtigt. Diese Aufgaben stellten die funktionelle Unabhängigkeit als Datenschutzbeauftragter und damit die Gewährleistung des Datenschutzes infrage.
Bei gleichzeitiger Wahrnehmung der Funktion eines Datenschutzbeauftragten müsse er in identischer Angelegenheit – neutral und allein dem Datenschutz verpflichtet – überprüfen, ob Auskunftsersuchen und beschlossene Schutzvorkehrungen datenschutzrechtlichen Vorgaben genügen, und den Arbeitgeber insoweit unter Umständen datenschutzrechtlich beraten. Dies sei wegen seiner Bindung an Betriebsratsbeschlüsse gegebenenfalls nicht möglich. Dieser Interessenkonflikt beeinträchtige die funktionelle Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten und gefährde die Wirksamkeit datenschutzrechtlicher Regelungen, so dass er den Arbeitgeber zum Widerruf der Bestellung berechtige.
PDF als Download: Ermittlungspflicht des Insolvenzverwalters – Verjährung von Anfechtungsansprüchen
PDF als Download: BGH, Urteil vom 27.07.2023 – IX ZR 138/21 aus beck-online
Ansprüche verjähren. Sie gehen dadurch nicht ersatzlos unter, beruft sich jedoch der Forderungsschuldner berechtigterweise auf die Verjährung, kann der Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden, eine nach der Verjährung erhobene Klage ist abzuweisen.
Der Kläger verfolgt mit seinem Klageantrag die Ausschließung des Beklagten aus der GmbH. Die Gründe hierfür werden im Urteil des BGH nicht benannt, was darauf beruht, dass der BGH in diesem Verfahren zwei Rechtsfragen anders beurteilte als das OLG München in der Berufungsinstanz und im Anschluss hieran die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat. Das OLG München wird im neuerlichen Berufungsverfahren zu klären haben, ob die Voraussetzungen für eine Ausschließung des Beklagten tatsächlich vorliegen.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Sie beginnt nicht direkt mit dem Entstehen des Anspruchs, sondern nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Darlegungs- und beweispflichtig hierfür ist der Schuldner, denn ihm kommt die Möglichkeit der Verjährungseinrede zugute.
In der Praxis lässt sich der Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs im Nachhinein meist gut feststellen, zum Beispiel entstehen Anfechtungsansprüche mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schwieriger ist die Feststellung der Kenntnis oder gar der grob fahrlässigen Unkenntnis. Um letzteres ging es in der Entscheidung des BGH vom 27.07.2023. Die vom Insolvenzverwalter etwa acht Jahre nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Wege der Insolvenzanfechtung in Anspruch genommene Anfechtungsgegnerin berief sich im Rechtsstreit auf Verjährung. Dass der Verwalter länger als drei Jahre zuvor Kenntnis von den Umständen erlangt hatte, die den Anfechtungsanspruch begründen, hatte die Beklagte aber nicht dartun können. Entscheidend war daher vor allem, ob der Verwalter schon längere Zeit zuvor Kenntnis hätte haben müssen, ob er also grob fahrlässig die Umstände nicht kannte, die den Anspruch begründeten. Dies wiederum hängt von der Frage ab, welche konkreten Aktivitäten ein Insolvenzverwalter zur Ermittlung von Anfechtungsansprüche ergreifen muss, um den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auszuschließen, und wieviel Zeit seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihm hierfür eingeräumt werden kann.
Der PFO-Partner Rechtsanwalt Alexander Kubusch hat die der Prüfung zugrunde zu legenden Kriterien in einem Aufsatz in der Fachpresse umfassend beschrieben (Neue Zeitschrift für Insolvenzrecht, Jahrgang 2018, Seite 634 ff.). Diesen Ausführungen hat sich der Insolvenzsenat des BGH mit dem Urteil vom 27.07.2023 angeschlossen.
PDF als Download:Wenn es nicht mehr anders geht: Die Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft – der BGH ändert teilweise seine Rechtsprechung
Der zu entscheidende Sachverhalt
Kläger und Beklagter sind jeweils hälftig an einer GmbH beteiligt. Das Stammkapital ist vollständig eingezahlt. Die Satzung der GmbH enthält keine Regelung zum Ausschluss eines Gesellschafters oder zur Einziehung von Geschäftsanteilen. Entscheidend für den folgenden Streit über den Ausschluss des einen Gesellschafters durch den anderen war daher allein die Gesetzeslage.
Der Kläger verfolgt mit seinem Klageantrag die Ausschließung des Beklagten aus der GmbH. Die Gründe hierfür werden im Urteil des BGH nicht benannt, was darauf beruht, dass der BGH in diesem Verfahren zwei Rechtsfragen anders beurteilte als das OLG München in der Berufungsinstanz und im Anschluss hieran die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat. Das OLG München wird im neuerlichen Berufungsverfahren zu klären haben, ob die Voraussetzungen für eine Ausschließung des Beklagten tatsächlich vorliegen.
Folgende Vorfragen hat der BGH nun unter teilweise Änderung seiner Rechtsprechung entschieden:
Prozessführungsbefugnis für die Ausschließungsklage
Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Ausschließungsklage grundsätzlich von der GmbH zu erheben. Ob abweichend hiervon in einer Zwei-Personen-GmbH den Gesellschaftern selbst ein Klagerecht zur Ausschließung des jeweils anderen zusteht, hat der BGH jedoch bisher noch nicht entschieden.
Die Frage ist in der juristischen Literatur und der instanzgerichtlichen Rechtsprechung umstritten. Teilweise wird angenommen, dass in einer Zwei-Personen-GmbH jeder Gesellschafter persönlich eine Ausschließungsklage gegen den Mitgesellschafter anstrengen kann. Begründet wird diese Prozessführungsbefugnis zum einen mit Praktikabilitätserwägungen, zum anderen wird auf die Grundsätze der actio pro socio bzw. deren Rechtsgedanken zurückgegriffen.
Nach anderen Stimmen besteht kein Bedürfnis für eine vom allgemeinen Grundsatz – dem alleinigen Klagerecht der Gesellschaft – abweichende unmittelbare Klagebefugnis des ausschließungswilligen Gesellschafters bei einer Zwei-Personen-GmbH. Da über die Erhebung der Ausschließungsklage die Gesellschafterversammlung zu befinden habe und der betroffene Gesellschafter nicht stimmberechtigt sei, bestehe ein praktisches Bedürfnis für eine Prozessführungsbefugnis des ausschließungswilligen Gesellschafters allenfalls dann, wenn der auszuschließende Gesellschafter zugleich der einzige Geschäftsführer der GmbH sei.
Der BGH entscheidet die Streitfrage jetzt im Sinne der zuerst genannten Auffassung. Auch er überträgt die Grundsätze der actio pro socio auf den vorliegenden Fall. Aufgrund dieser Rechtsfigur kann ein Gesellschafter einer GmbH berechtigt sein, einen Mitgesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft in Anspruch zu nehmen, was namentlich dann in Betracht kommt, wenn dieser seine zwischen den Gesellschaftern bestehende Treuepflicht verletzt und durch eine damit verbundene Schädigung des Vermögens der Gesellschaft mittelbar auch dasjenige des klagenden Gesellschafters geschädigt hat. Die Übertragung dieser Grundsätze sei gerechtfertigt, weil auch die Ausschließung ihren Anlass in der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Treuepflichten habe. Hier wie dort sollten die anderen Gesellschafter vor Beeinträchtigungen durch eine unrechtmäßige Einflussnahme auf die Geschäftsführung bei der Verfolgung von aus der gesellschafterlichen Treuepflicht erwachsenden Ansprüchen geschützt werden. Der grundsätzlich bestehende Vorrang der Gesellschaftsklage müsse daher zurücktreten.
Der Zeitpunkt des Ausscheidens durch Gestaltungsurteil – Änderung der Rechtsprechung
Kommt es mangels gesellschaftsvertraglicher Regelung – wie vorliegend – nicht zu einer bestandskräftigen Ausschließung eines Gesellschafters durch Gesellschafterbeschluss, müssen der oder die ausschließungswilligen Gesellschafter hierauf klagen. Sofern das Gericht die Klage für begründet erachtet, erklärt es den Gesellschafter durch ein sogenanntes Gestaltungsurteil für ausgeschlossen. Damit ist allerdings noch nichts darüber gesagt, wann der Ausschluss wirksam wird. Bisher hatte der BGH die Ausschließung eines Gesellschafters durch Gestaltungsurteil an die Bedingung geknüpft, dass der betroffene Gesellschafter binnen einer im Urteil festzusetzenden angemessenen Frist den ebenfalls im Urteil zu bestimmenden Gegenwert für seinen Geschäftsanteil tatsächlich ausgezahlt erhält (sogenannte Bedingungslösung). In Abkehr hiervon meint der BGH jetzt, dass in einem Fall, in dem ein Gesellschafter wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes ohne statutarische (satzungsmäßige) Regelung durch Urteil aus der GmbH ausgeschlossen wird, die Ausschließung bereits mit Rechtskraft des Urteils wirksam wird und nicht durch die Leistung der Abfindung bedingt ist.
Begründet wird diese Rechtsprechungsänderung mit Blick auf die neuere Rechtsprechung zur Einziehung eines Geschäftsanteils, wonach diese bereits mit der Mitteilung eines entsprechenden Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter wirksam wird, wenn der Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird. Der Gesellschafter, dessen Geschäftsanteil eingezogen wird, müsse allerdings davor geschützt werden, dass die verbleibenden Gesellschafter sich mit der Fortsetzung der Gesellschaft den wirtschaftlichen Wert seines Anteils aneignen und ihn aufgrund der gläubigerschützenden Kapitalerhaltungspflicht mit seinem Abfindungsanspruch leer ausgehen lassen. Die Gesellschafter hafteten daher dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig auf Zahlung der Abfindung, wenn die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen sei. Diese Rechtsprechung sei auf die Ausschließung eines Gesellschafters ohne statutarische Regelung durch Gestaltungsurteil übertragbar.
Die aufgrund der bisherigen Rechtsprechung auch nach der Rechtskraft des Urteils entstehende Schwebelage – bis zur Leistung der Abfindung – sei den übrigen Gesellschaftern in besonderem Maße unzumutbar, weil die Ausschließung, anders als die Einziehung, als äußerstes und letztes Mittel stets nur zulässig sei, wenn in der Person oder dem Verhalten des Gesellschafters ein wichtiger Grund vorliege, mithin ein Verbleib des Gesellschafters in der Gesellschaft die gedeihliche Fortführung des Unternehmens in Frage stellte oder aus sonstigen Gründen die Fortsetzung des Gesellschaftsverhältnisses mit ihm für die übrigen Gesellschafter unzumutbar wäre.
Der Abfindungsanspruch des Gesellschafters werde auch bei einem mit Rechtskraft des Ausschließungsurteils wirksamen Ausscheiden ausreichend gesichert.
Einerseits gelte das Gebot der Kapitalerhaltung auch dann, wenn die Gesellschaft einen Gesellschafter ausschließen will. Könne ohne das Kapitalerhaltungsgebot der §§ 30, 31 GmbHG die Abfindung nicht geleistet werden, komme die Ausschließung eines Gesellschafters nicht in Betracht. Andererseits hafteten die verbliebenen Gesellschafter nach Wirksamwerden der Ausschließung persönlich für die Abfindung des ausgeschlossenen Gesellschafters ab dem Zeitpunkt, in dem die Fortsetzung der Gesellschaft unter Verzicht auf Maßnahmen zur Befriedigung des Abfindungsanspruchs des ausgeschiedenen Gesellschafters als treuwidrig anzusehen sei. Das bestehen bleibende Restrisiko des ausgeschlossenen Gesellschafters sei hinzunehmen.
Zudem werde bei entsprechender Satzungsregelung auch bei der Ausschließung durch Beschluss deren Wirksamkeit von der Rechtsprechung seit jeher nicht an die Bedingung der Abfindungszahlung geknüpft. Die Gesellschafterstellung des Betroffenen lebe auch dort nicht wieder auf, wenn die Gesellschaft nicht in angemessener Frist die Einziehung des Geschäftsanteils beschließe oder seine Abtretung verlange und nichts dazu tue, dass der Ausgeschlossene den Gegenwert seines Geschäftsanteils erlange. Auch die fehlende vorweggenommene Zustimmung zum Ausschluss ohne satzungsmäßige Regelung zwinge nicht zur Kopplung des Abfindungsanspruchs an die Wirksamkeit der Ausschließung.
Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsverbot?
Wie schon erwähnt ist nach der neuen Rechtsprechung die Ausschließung durch Gestaltungsurteil nicht möglich, wenn die Gesellschaft die Abfindung nur unter Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot der §§ 30, 31 GmbHG leisten könnte.
Für das im Gläubigerinteresse bestehende Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG gilt nach ständiger Rechtsprechung eine bilanzielle Betrachtungsweise. Auszahlungen an (ausgeschiedene) Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen. Deren Vorliegen bestimmt anders als bei der insolvenzrechtlichen Überschuldung im Sinne des § 19 InsO sich nicht nach Verkehrswerten, sondern nach den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz; stille Reserven finden keine Berücksichtigung. Ist ohne Verstoß hiergegen die Zahlung an den Auszuschließenden nicht möglich, ist – wie ebenfalls schon dargestellt – die Ausschließung nicht zulässig. Allerdings steht dem solventen ausschließungswilligen Gesellschafter eine Möglichkeit offen, diese Situation zu verhindern. Hat er nämlich mit der GmbH vereinbart, sie in der Weise auszustatten, dass die Zahlung der Abfindung an einen ausgeschiedenen Gesellschafter nicht zur Entstehung einer Unterbilanz führt, kann nach allgemeinen Grundsätzen die sich daraus ergebende Forderung der GmbH gegen den Gesellschafter in der Handelsbilanz der Gesellschaft aktiviert und so eine Unterbilanz oder gar Überschuldung verhindert werden. Es begegnet keinen Bedenken – so der BGH –, wenn sich ein Gesellschafter, gegebenenfalls auch erst im Rahmen des Ausschließungsprozesses, gegenüber der Gesellschaft dazu verpflichtet, sie so auszustatten, dass sie die Abfindungsforderung eines ausscheidenden Gesellschafters ohne Verstoß gegen das Auszahlungsverbot befriedigen kann.
Auch hierzu hatte das Berufungsgericht vorliegend keine ausreichenden Feststellungen getroffen, es wird dies in der neuerlichen Berufungsverhandlung ebenso nachzuholen haben.
Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Tennis-Point GmbH (AG Bielefeld; Az.: 43 IN 701/23) wird dazu führen, dass etliche Kunden dieses Online-Shops vermutlich (wieder einmal) einen finanziellen Schaden erleiden. Grund genug, sich daher einmal den rechtlichen Grundlagen und auch den Schutzmöglichkeiten für Kunden zuzuwenden.
Vorab:
Bestellen Sie einen Artikel bei einem Online-Händler, der wegen des Insolvenz(antrags)verfahrens nicht mehr geliefert wird, entsteht Ihnen so lange kein Schaden, wie Sie keine Zahlung geleistet haben. Gut, der bestellte Artikel wird u.U. nicht mehr geliefert, weil das Angebot zurückgezogen wird und Sie werden den Artikel anderweitig womöglich teurer kaufen können/müssen. Das lässt sich noch verkraften.
Vorsicht bei Vorkasse:
Wesentlich ärgerlicher wird es dann schon bei einer Vorkassezahlung,, die im Vorfeld des Insolvenzantragsverfahrens von Ihnen geleistet wurde. Wird dann der bestellte Artikel nicht mehr geliefert, ist einerseits der sowohl der Erfüllungsanspruch (Lieferung des Artikels), andererseits aber auch der Rückabwicklungsanspruch bei Rücktritt (Rückzahlung der Vorkassezahlung) eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO. Diese kann also (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens) nur zur Insolvenztabelle angemeldet werden; es wird am Ende des Insolvenzverfahrens eine Insolvenzquote auf diese Forderung gezahlt. In der Regel verlieren also Vorkassezahler im Zuge eines Insolvenzverfahrens den Großteil ihrer Anzahlung.
Was ist mit Retouren?
Möglich ist auch die Konstellation, dass der Kunde seine Ware per Vorkasse bezahlt und sogar erhalten hat, im Anschluss das Insolvenzantragsverfahren eingeleitet wird und der Kunde dann feststellt, dass die bestellte Ware ihm/ihr nicht passt oder gefällt. Vorsicht ist bei einer kommentarlosen Rücksendung geboten, weil im Falle einer Rückabwicklung die Rückzahlung des Kaufpreises wieder eine Insolvenzforderung ist und ebenso nur zur Insolvenztabelle angemeldet werden kann. Bedeutet also: Geld weg und Ware wieder zurückgeschickt! Bei der Tennis-Point GmbH führt diese Konstellation gerade dazu, dass Retouren derzeit gar nicht bearbeitet werden, um solche Schadenseintritte für Kunden möglichst zu vermeiden.
Gleiche Folgen bei Zahlung auf Rechnung?
Insolvenzrechtlich besser stehen dann schon die Kunden da, die ihre Warenlieferung erst nach Erhalt per Rechnung bezahlen. Hier wird seitens des Kunden keine Leistung ausgelöst, bevor die Ware beim Kunden angekommen ist. Gefällt die Ware dem Kunden, wird er sie behalten und den Kaufpreis dafür bezahlen. Gefällt oder passt die gelieferte Ware nicht, wird der Kunde diese (ohne Bezahlung) zurücksenden. Der bisweilen fällige Zahlungsaufschlag für eine Zahlung per Rechnung kann sich also in einem solchen Fall schon lohnen. Klar ist aber: das Insolvenz(antrags)verfahren des Lieferanten entbindet den Kunden nicht von der Zahlung der Rechnung, wenn er die Ware erhalten hat und behalten möchte.
Ist es jetzt "zu gefährlich" bei Tennis-Point GmbH zu bestellen?
Das kann man jetzt noch nicht abschließend beurteilen... grundsätzlich ermöglicht die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung unter gleichzeitiger Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes. Der vorläufige Insolvenzverwalter kann hierbei die Ermächtigung vom Insolvenzgericht erhalten, sog. Verbindlichkeiten aus Neugeschäften als Masseverbindlichkeiten einzugehen. Heißt also: wenn der vorläufige Insolvenzverwalter dem Geschäft zustimmt, dann ist dieses Geschäft (entweder durch Warenlieferung oder aber durch Zahlung) auch zu erfüllen. Wie das jedoch bei einer Vielzahl von täglichen Bestellungen über das Internet konkret ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall sind Kunden gut damit beraten, die Lieferung auf Zahlung per Rechnung umzustellen - auch wenn dies manchmal mit Zahlungsaufschlägen verbunden ist.
Insolvenzantragspflichten
Bei juristischen Personen, aber auch bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit (z. B. Gesellschaft bürgerlichen Rechts - GbR -, OHG, KG), bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, besteht für die Geschäftsleiter (im Folgenden: Geschäftsführer unabhängig von der Gesellschaftsform) nach § 15a InsO eine Insolvenzantragspflicht, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Der Insolvenzantrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Die Frist beginnt unabhängig von der Kenntnis des Geschäftsführers, knüpft also ausschließlich an den objektiven Eintritt des Insolvenzereignisses an. Sie ist eine Höchstfrist und darf nur ausgenutzt werden, wenn Sanierungsmaßnahmen innerhalb der Frist sinnvoll und erfolgversprechend erscheinen.
Schon hieran wird deutlich, dass der Geschäftsführer die finanzielle Lage der Gesellschaft stets überwachen muss, um bei Eintritt einer Krise gegebenenfalls rechtzeitig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, denn innerhalb der Antragsfristen ist eine Sanierung in den wenigsten Fällen noch möglich.
Unabhängig davon hat seit 2021 nach § 1 des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) der Geschäftsführer ohnehin fortlaufend über Entwicklungen zu wachen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können.
Erstattungspflichten der Geschäftsführer bei nicht rechtzeitigem Insolvenzantrag
Wird der Insolvenzantrag nicht rechtzeitig gestellt, machen sich die Geschäftsführer nicht nur strafbar, sondern müssen auch nach Ablauf der Frist noch geleistete Zahlungen erstatten. Einzelheiten regelt heute § 15b InsO. Vor dessen Inkrafttreten 2021 gab es dem Grundsatz nach entsprechende, in Einzelheiten jedoch stark abweichende Regelungen in den Gesetzen, die die jeweilige Gesellschaftsform behandeln, für die GmbH war dies § 64 GmbHG a. F.
Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
Die beiden Insolvenzgründe, Zahlungsunfähigkeit und insolvenzrechtliche Überschuldung, sind häufig nicht leicht zu ermitteln. Das Besprechungsurteil befasst sich mit letzterem.
Nach § 19 InsO liegt Überschuldung vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Ob die bestehenden Verbindlichkeiten in diesem Sinne noch gedeckt sind, ergibt sich nicht aus der Handelsbilanz oder einer nach den bisherigen Bilanzgrundsätzen aufgestellten Zwischenbilanz, sondern aus der Überschuldungsbilanz, die zu diesem Zweck aufgestellt werden muss. Bei ihr sind die Aktiva nur mit den Werten anzusetzen, die eine Veräußerung im Insolvenzverfahren erbringen würde, also die Liquidationswerte, die um die Verwertungskosten und die Umsatzsteuer zu reduzieren sind. Reichen die so ermittelten Aktiva nicht aus, die Passiva zu decken, muss eine Fortführungsprognose erstellt werden. Es ist darin zu untersuchen, ob eine größere Wahrscheinlichkeit für das Überleben der Gesellschaft besteht oder für deren Scheitern. Der Prognosetatbestand ist nicht deckungsgleich mit der going-concern-Annahme nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Überwiegend wahrscheinlich ist die Fortsetzung, wenn von mehr als 50 % Fortsetzungswahrscheinlichkeit ausgegangen werden kann. Nur dann liegt bei Vermögensunterdeckung der Insolvenzgrund der Überschuldung nicht vor.
Der entschiedene Fall
Dem Urteil des OLG Düsseldorf lag – etwas vereinfacht – folgender Fall zugrunde:
V gründete 2014 die R. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), ein Start-up-Unternehmen, über deren Vermögen am 28.12.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Schuldnerin plante ein Vertriebsportal für Gebraucht- und Nutzfahrzeuge ähnlich der heute bekannten Plattform „hey-car“ einzurichten und investierte erhebliche Beträge in die Entwicklung der Software.
Die Schuldnerin finanzierte sich im Wesentlichen über Darlehen eines Investors, der auch erhebliche Anteile an ihr hielt und ihr beginnend ab dem 10.07.2014 regelmäßig Darlehen „zur Stärkung des Eigenkapitals … in der Gründungsphase des Unternehmens … als Mezzanine Kapital“ gewährte. Sämtliche Darlehen waren bis zum 31.12.2017 befristet und danach zurückzuzahlen. Bis Ende 2015 beliefen sich diese Darlehensforderungen auf insgesamt 608.000 €. Sie wuchsen bis zum 20.07.2016 auf insgesamt 778.000 € an.
Im Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.2014 wurde ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in Höhe von rund 126.000 € ausgewiesen. Im Jahr 2015 erzielte die Schuldnerin lediglich Umsätze in Höhe von rund 12.000 € und erwirtschaftete einen Verlust von 494.000 €, was zu einer Erhöhung des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags auf rund 620.200 € zum 31.12.2015 führte.
Die Schuldnerin unterhielt bei einer Bank ein Geschäftskonto, das teils im Soll, teils im Haben geführt wurde. In dem Zeitraum zwischen dem 01.01.2016 und dem 29.02.2016 kam es zu Zahlungsbewegungen von insgesamt 55.000 €, denen teilweise Auszahlungen von dem zu diesen Zeitpunkten kreditorisch, also im Haben, geführten Geschäftskonto und teilweise Einzahlungen auf dem zu den entsprechenden Zeitpunkten debitorisch geführten Geschäftskonto zugrunde lagen.
Nachdem der klagende Insolvenzverwalter bestellt worden war, verlangte er von V, der seit der Gründung der Schuldnerin bis Anfang März 2016 deren Geschäftsführer gewesen war, die Erstattung der angeführten Zahlungen, weil er meinte, die Schuldnerin sei seit Ende 2015 überschuldet gewesen, sodass V zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet gewesen wäre. Er ging dabei von der Handelsbilanz aus und legte dar, er sehe keine stillen Reserven oder sonstige nicht in der Handelsbilanz abgebildete Vermögensgegenstände der Schuldnerin.
Der Beklagte meinte dagegen, die Schuldnerin sei nicht im insolvenzrechtlichen Sinne überschuldet gewesen, da die Darlehen wie Eigenkapital gewährt worden seien. Außerdem seien die bis Ende 2015 angefallenen Entwicklungskosten für die Software von ca. 320.000 € bzw. etwaige Anschaffungskosten von 650.000 € für eine externe Entwicklung als stille Reserven anzusetzen. Im Übrigen sei der Investor bereit gewesen, die Schuldnerin auf unbestimmte Zeit zu finanzieren, solange die Planungen realistisch erschienen, was jedenfalls bis September 2016 der Fall gewesen sei. Die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin sei sichergestellt gewesen. Er, der Beklagte, habe monatliche Finanzpläne aufgestellt, die bis 31.12.2020 gereicht hätten und ständig aktualisiert worden seien. Danach hätten im Juli 2016 erstmals Überschüsse erwirtschaftet werden sollen. Den sich aus der Planung ergebenden Finanzbedarf für die bevorstehende Planungsperiode habe er konkret mit dem Investor abgesprochen, die bevorstehenden Ausgaben seien sehr genau mit ihm abgestimmt und die notwendigen Mittel jeweils als Darlehen zur Verfügung gestellt worden. Bis zur Beendigung seiner – des Beklagten – Geschäftsführertätigkeit hätten keine Anzeichen bestanden, dass der Investor von seinem Fortführungswillen abrücken werde.
Das OLG verurteilte den Beklagten zur Erstattung der 55.000 €.
Die Begründung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf schließt sich der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, wonach die Handelsbilanz zwar nicht für die insolvenzrechtliche Überschuldung maßgeblich ist, ihr aber für die Frage der rechnerischen Überschuldung im auf Zahlungserstattung gerichteten Prozess gegen den Geschäftsführer indizielle Bedeutung zukommt. Legt der Insolvenzverwalter für seine Behauptung, die Gesellschaft sei überschuldet gewesen, eine Handelsbilanz vor, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt, und legt er dar, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang stille Reserven oder sonstige aus ihr nicht ersichtliche Vermögenswerte vorhanden sind, muss der beklagte Geschäftsführer im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast im Einzelnen vortragen, welche stillen Reserven oder sonstigen für eine Überschuldungsbilanz maßgeblichen Werte in der Handelsbilanz nicht abgebildet sind.
Vorliegend war von einem nicht durch Eigenkapitalbetrag gedeckten Fehlbetrag von mehr als 600.000 € auszugehen und der Kläger hatte geltend gemacht, stille Reserven seien nicht vorhanden.
Der Beklagte hatte sich einerseits darauf berufen, der Kläger habe immaterielle Vermögensgegenstände von beträchtlichem Wert, nämlich die erstellte Software, und eine harte Patronatserklärung des Investors nicht berücksichtigt. Außerdem habe dieser für seine Darlehensforderung eine Rangrücktrittserklärung abgegeben. Sie seien in der Überschuldungsbilanz folglich nicht zu berücksichtigen.
Dagegen stellte das OLG Düsseldorf nach der Vernehmung von Zeugen fest, dass die in der Bilanz mit 30.000 € angesetzte Software im Insolvenzverfahren nur für 10.000 € veräußert werden konnte, stille Reserven also nicht beinhaltete. Von einer harten Patronatserklärung, wie vom Beklagten behauptet, konnte das OLG sich ebenfalls nicht überzeugen. Schließlich erklärte der als Zeuge vernommene Investor, keinen Rangrücktritt für seine Darlehen erklärt zu haben. Auch in den schriftlichen Darlehensverträgen konnte das OLG eine solche nicht auffinden.
Als Folge der Unterdeckung blieb daher zu klären, ob eine positive Fortführungsprognose bestand. Der hieran anzulegende Maßstab, so meint das OLG, müsse von dem üblichen Maßstab, den die Rechtsprechung hierfür entwickelt habe, unter Berücksichtigung der Start-up-Situation modifiziert werden.
Solche Unternehmen seien in einer – mehr oder weniger langen – Anfangsphase meist nicht ertragsfähig, jedoch seien operative Geschäftschancen trotz möglicherweise derzeit fehlender Ertragskraft nicht auf Dauer ausgeschlossen. In Fällen von Start-Ups sehe auch der BGH die Ertragsfähigkeit (Selbstfinanzierungskraft) nicht als Voraussetzung einer positiven Fortführungsprognose an. Es liege in der Natur eines solchen Unternehmens, dass es zunächst nur Schulden mache und von Darlehen abhängig sei. In diesen Fällen müsse daher auf die Zahlungsfähigkeit im Prognosezeitraum (12 Monate) abgestellt werden, wobei die erforderlichen Mittel auch von Dritten (Fremdkapitalgeber oder Eigentümer) kurz-, mittel- oder langfristig zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Rückgriff auf eine Ertragsfähigkeit würde diesen Unternehmen dagegen die Überlebensfähigkeit absprechen und sie zum Marktaustritt zwingen. Bei einem Start-Up-Unternehmen müssten daher die Anforderungen an die Fortführungsprognose im Lichte der Besonderheiten derartiger Unternehmen betrachtet werden. Die Fortführungsfähigkeit muss im Sinne des § 19 InsO überwiegend, also zu mehr als 50% wahrscheinlich sein; maßgeblich sei also, dass das Unternehmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Lage ist, seine im Prognosezeitraum fälligen Zahlungsverpflichtungen zu decken. Das OLG knüpft damit die Fortführungswahrscheinlichkeit an die Wahrscheinlichkeit der Zahlungsfähigkeit an.
Als Grundlage dieser Beurteilung fordert es allerdings eine nachvollziehbare, realistische (Finanz-)Planung mit einem operativen Konzept, das die in den Blick genommene Etablierung der Geschäftsidee eines Start-Up-Unternehmens erfolgversprechend erscheinen lasse. Denn eine mittelfristige Liquiditätssicherung werde in der Regel nur dann erreicht, wenn durch das operative Geschäft auf Dauer ausreichend eigene Erträge erzielt werden könnten. Die bloße Darstellung von Zahlen reiche hierfür folglich nicht aus. Vielmehr sei die Liquiditätsplanung ständig an die tatsächlichen Gegebenheiten anzupassen. Soweit hierbei auf Finanzierungszusagen Dritter rekurriert werde, müsse der Nachweis erbracht werden, dass die Planungen diesen zur Kenntnis gebracht worden seien und sie ihre Finanzierungszusagen aufrechterhalten haben.
Diese Nachweise habe der Beklagte nicht erbracht. Seine entsprechenden Behauptungen wurden von dem auch hierzu als Zeugen vernommenen Investor nicht bestätigt.
Trotz der wie dargestellt reduzierten Anforderungen an eine positive Fortführungsprognose konnte sich das OLG Düsseldorf nicht von deren Vorliegen überzeugen und verurteilte den Beklagten dem Klageantrag entsprechend.
Eine weitere Besonderheit des Falles musste das OLG Düsseldorf bei der Entscheidung berücksichtigen. V hatte als Geschäftsführer, wie oben erwähnt, nicht nur Zahlungen vom kreditorisch geführten Konto geleistet, sondern zu Zeiten, in denen dieses im Soll geführt wurde, Forderungen der Schuldnerin hierauf eingezogen. Die Summe dieser Buchungen ergab den Klagebetrag von 55.000 €. Auf den ersten Blick erscheint es befremdlich, den Forderungseinzug als „Zahlung“ zu interpretieren. Verdeutlicht man sich jedoch, dass bei debitorischem Konto der Bankkredit reduziert wird, stellt sich der Forderungseinzug wirtschaftlich als Zahlung an einen einzelnen Gläubiger, nämlich die Bank, dar, was es nach der Rechtsprechung des BGH rechtfertigt, ihn als solche zu behandeln und die Erstattungspflicht hierauf zu erstrecken.
Parallele Wertungen im Insolvenzanfechtungsrecht
Die Modifizierung der Voraussetzungen einer positiven Fortführungsprognose im Rahmen des § 19 InsO korrespondiert mit der Rechtsprechung des BGH zu den Anforderungen, die bei der Insolvenz von Start-Up-Unternehmen an die Feststellung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes im Sinne des Insolvenzanfechtungstatbestands des § 133 InsO gestellt werden (BGH, Urteil vom 05.03.2009 – IX ZR 85/07). Danach gilt: Überträgt der Gründer eines Unternehmens der finanzierenden Bank nahezu das gesamte Vermögen zur Sicherung ihrer Kredite, handelt er auch dann nicht mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn seine Hoffnung, die Gründung werde erfolgreich sein, objektiv unberechtigt ist. Der BGH stellt damit auch insoweit auf die besondere Situation von Start-Up-Unternehmen ab.
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